Montag, 30. April 2018

In den Wassern gehen

Der Hansel Pfefferle, Piezke, selten las ich etwas lieber vor als Janosch. Popov kann fliegen! Das Leben bekommt grüne Wiesen und Weisheit, frisch aus der Waldschule.

Ich liebe aber auch das Geräusch, mit dem Wasser in die Gießkanne läuft. Die Zeit rauscht in reinem Strahl in das Behältnis. Die Wasserversorgungsbetriebe haben alles Fremde, Erinnerungen, Sensationen des Tags, bedenkliche Hoffnungen heraus gefiltert.

Ich gieße die Zeit in das Gestern.

Ich ziehe eine Farbfotographie aus der Jackentasche. Eine Predigende schenkte sie uns als Sinnbild einer sinnbildlichen Predigt von Schatten und Licht. Sie zeigt eine beige verputzte Mauer unter Blau. In dieser - oberen - Hälfte bricht ein Apfelbaum in weiße Blüten aus. Ein Blättchen noch grau - grün, einige Blüten leuchten leuchtend weiß. Auf der Mauer liegt die Form als Schatten.

Ich höre Marianne Faithful von ihrer Sehnsucht singen.  Eine Sehnsucht wie nach Gott.

Ist doch alles Liebe!

Sie geht durch tiefes Wasser, "Dich" zu finden. Du hast dein Gesicht verborgen, aber nicht Deine Liebe. Und sie will nichts anderes, so lange sie Dich nicht hat.

Die Welt weht um sie herum. Sie geht tiefer ins Meer: "Nimm mir nicht die Liebe."  Schwer das Herz in Ketten. Wer wird ihr die Furcht nehmen, wer die Tränen? Und die jungen Mädchen tanzen mit, halten den Atem an, zögern, tauchen unter die Wasser wie sie.

Die Sehnsucht hat Dich in die Furcht getaucht. Tief in den Wassern bist Du auf der Suche.

Aber die Sehnsucht nach der Liebe ertränkt die Liebe.

Die Welt wirbelt ihren goldenen Staub um Dich. Fern von uns gehst Du eigenen Weg.

Wer löst unsre Furcht? Wer trägt unsere Tränen davon?

Wir gehen in den Wassern der Liebe.


Montag, 23. April 2018

Raoui, ein Lied

Lehne doch zurück und höre Suad Massi zu beim Singen von Raoui. Dem Traum des Erzählers, dem Du so wenig Geld in die Büchse gelegt hast.

Träume selbst von den Schatten und Lichtern unter dem Baum Deiner Kindheit, während draußen Wolken Donner und Blitz heran bringen.

Laß es den Erzähler erzählen: Du würdest Dich schämen für das Offenbaren Deiner Sehnsucht, vielleicht sogar weinen.

Lehne Dich zurück. Du musst die Augen nicht schließen unter den Blicken der Lacher.

Dann stehe auf zu zeigen, was Du kannst und was sonst Du zeigen mußt als Lacher und besser Wissender. Das Lied wird Dich begleiten. Vielleicht ist Frieden doch möglich.

Donnerstag, 19. April 2018

Laß


Das Gras steht im frischen Atem. Die gelben Blüten des Löwenzahn (Du mußt sie nicht ausstechen). Blaue und weiße Blüten. 

Maikäfer summen um hohe Baukronen. Die Patientinnen und Patienten setzen ihr Taschengeld in Kaffee und Kuchen um. Anne Sexton blüht auf in exotischen Gedichten. 

Dies ist das Traumland. Hier öffnet das Leben die Augen, die Schönheit seines Leibes zu bewundern. Ja, ich weiß: auch grausige Träume lauern hinter den Schatten dieses ersten Frühlings. Er ist die Möglichkeit ihrer Heilung. Aus seinen bunten Oberflächen lösen sich Zauberworte, sinken in linierte Blätter werden als Schmetterlingsgedichte tanzen.

Anne rudert hin zu Gott, umarmt einen Schwätzer. Die Berge so weit. Von wo kommt mir Hilfe? Das Meer tief unter Himmeln tief! 

Laß das Wunder geschehen, den - Tag.
18.4.18


Freitag, 13. April 2018

Gar alles nix?


Puttengold und Wagnerdröhnung

Martin Walser, ein Musthave!

Schwätzen und Primanerschwätzen aus Dr. Wimmers Strapsbox. Unfrieds Körpersprache sagte einmal etwas anderes.

Der Senior Experte des saisonalen Allesbeschwatzens gibt sich die Ehre. Wir wollen mal nicht glauben, dass er von seinem Verlag durch die Konzerthallen der Alltagsliteratur getrieben wird, sondern annehmen, daß es ihm im Weihrauch der Verehrung von sich aus gefällt.

Warum kaufte ich mir eine Karte zur Lesung? Doch hauptsächlich aus Vorschadenfreude! Mehr als eine Entschuldigung für die bekannte antisemitische Grobheit erhoffte ich mir einige Wortklopse des Narzißmus.

Dann könnte ich so recht pharisäerhaft zeigen, wie glücklich ich sei, nicht so einer zu sein.

Er wiederum könnte darin und in mir den erfolglosen Fuchs am Rebstock erblicken, was ja auch seine Berechtigung hat. Auch wenn man zur Einsicht kommt, daß Reichtum und Ruhm lächerlich sind, so hat die schwarze Seite der Seele doch bei jedem Erscheinen eines anderen Glücks eine nicht zu unterdrückende Erektion des Neids zur Folge.

Tröstlich die Einsicht eines mir bekannten Beamten, der Verlag könne nichts dafür: er habe nur eine gewisse Kapazität für Beförderungen. Man versuche doch einmal, sich zwischen die fetten Backen am Trog zu drängen, um auch einen Schluck Wasser abzubekommen!

Dafür habe man nun das ganze Internet, um vergessen zu gehn.

Dr. Smirc meint, er freue sich auf die Klopse.

Und vielleicht könne er einmal in seinem Leben eine wirklich von Reue geprägte Entschuldigung hören. Etwa so:

   "Lieber Ranicki. Das war wirklich ein blöder und verletzender Angriff von mir. Die Wut war berechtigt, aber nicht ihr Handeln! Ich habe wirklich - und ich kann es kaum glauben - in die braune Soße gegriffen und damit um mich geworfen. Die Ihr verletzt seid: bitte entschuldigt mich! Nicht meine Impulsivität, aber das,wozu ich mich verführen ließ! Es war ein schäbiger Genuß!"

Eigentlich liebt Smirc solche Typen. Laut, eingebildet, stets zu Unrecht verfolgt, das mache Laune.
*
Dann 19 Uhr Karlsruhe. Sein Bericht:

"Wann ist wohl Einlass?
Ordnung muss sein!
Hinein!

Es gibt keine Aschenbecher Backstage. Über Kopf oder Hirn des armen Vorträgers prangt das Verbotsschild: nicht rauchen.

Ehrfurcht vor dem Unternehmen, profane Neugier, Neid bei mir und Sensationslust mischen sich mit Langeweile und wabern als süßlich schwitziges Parfum durch den Raum. Ohs und Ahs seufzen unter seriöser Klamotte. Man ist. Und man ist gespannt.

Ein erfahrener Kulturgourmet: "Bei Grass war die Bude aber voller." Da konnte man nicht nach Backstage ausweichen. Na klar: Was wollen Intellektuelle hier? Der Stammtisch versammelt sich nicht in ihren müden Bibliotheken. Auch wenn er nicht gerade ein Schreibtisch - Pegide ist, ein feinplumpes durch die Fettnäpfe Trumpen , das macht seinen Applaus eben irgendwie anders, als mit dem Leben reden.

Erstes Mikrofonrücken. Schon werden Frau X und die jungen Verehrerinnen ohne Erbanspruch Y und Z gesichtet. Gruppen sammeln sich. Wo ist das Oratorium? Summ, summ das Niveau steigt auf Aufregung. Jetzt gibts was zu erleben.

Dann: Enttäuschung über Unbesonderes. Die Sprache langweilt, der Plot ist Provinz.

Aha: "Es geht um ein Ich", eine "hageldichte Folge von weiblicher Erscheinung."
Erstes Gähnen im Publikum bei "unendlicher Einigkeit". Und da erscheint sie, "die Wirklichkeit als Würgegriff irrsinniger Hoffnung".

Die tiefen Gedanken kommen dem Oberregierungsrat des schreibenden Bodenseegiganten üblicher Weise in der zweiten Pause von Tristan und Isolde. Lauscht er nicht mit geschlossenen Augen? "Als wollte er sagen: "Du, Schenkel,  bist die Macht der Liebe.""

Ein gleißender Oberschenkel (an die prallgoldenen Barockputten einer Wanderung mit Lobhudler Dennis PA Schenk erinnernd?) führt zu dem "Vorwurf der Altersgeilheit". Ein Oberregierungsrat wird Philosoph.

Ist da Erlösung, Einsamkeit? Hoch hinaus greift die Abstraktion. "Das Dasein selber" sei ihm nun Gegenstand. Er schreibe sozusagen Existenz - Stenogramme.

Was Verurteilung angehe, das müsse man "als Autor einfach weg stecken. Basta"
*
Ein alter Trickser ist kein Zauberer."

Soweit Dr. Smirc.
*
Dr. Warnix,

Psychagog, Numen und Werg eines Botho Strauß, -ursprünglich wollte er den Beruf eines Literaturdemenzers ergreifen. Jetzt liest er als Lektor halt jeden Blödsinn schön. -, er meint, der Mann wär doch wirklich alt und man sollte ihn einfach seinen Rest schreiben lassen. Es müsse ja nicht jeder ein Robert Walser mit Einsicht oder ein Philipp Roth mit verlorener Lust sein. Und: ob der oder jener seine Wichtigkeit striegelt?....

Ein alter Mann. Was noch?

Walser sei nie Seins gewesen,  und heute, wo der Beton bröckle, wolle er nicht noch mit der Bohrmaschine versuchen einen Dübel hinein zu setzen. Da hält doch nichts mehr in der "Naturgewalt vom Bodensee?!".

Wagnerianische Willensbesoffenheit gepaart mit Trumpschem Grobismus. Stammtisch und Schlupf. Und der Kritiker D (PA?) Schenk habe auch nichts beizusteuern, als seinen Ruf mit Verehrung selbst zu demolieren, nur um in einem Walser-Schinken unterzukommen. Der sei noch nie in der Lage gewesen, sich entschuldigen zu können. Was könnte das Alter da ändern?

Nach dem astrologischen Modell der Temperamente sei es doch wohl so:

Der Widder habe schärfere Röstaromen zu bieten, die Jungfrau habe es lieber raffiniert, aber mit Anstand. Wie sollte Walser sich von Ranicki belehren lassen? Schließlich ist die Jungfrau nicht nur ätzend kritisch allen und sich selbst gegenüber, sondern oft auch moralisierender und jedes Gespräch erstickender Oberlehrer Goethe.

Karl P Moritz 10 Jahre älter als Jean Paul, der ihn Genie nannte, als Widder aber bei superklugem Goethe kalt abblitzte. M selbst bewunderte Jean Paul.

Ranicki Jahre älter als Walser, von ihm bewundert, ließ ihn ebenfalls abblitzen.

Was aber jene alle nicht gemacht hätten: sie hätten auch aus persönlicher Ranküne nicht die rassistische Platte bedient. Insofern sollte der lustige Literat doch klarstellen, daß dem temperamentbedingten Ausrutscher kein charakterlicher Mangel zugrunde gelegen habe... Eine Entschuldigung für antisemitische Anwürfe wäre da, anlässlich Nazi hilfreich.

Er, Dr Warnix, Psychagog und pensionierter Oberregierungsrat ohne Karlsruhe, meine, den Mann sollte man jetzt mal ausschreiben lassen, auch um bei sich selbst zu bleiben.

Was den Erfolg betreffe (Glück gehabt), sollte man nicht neidisch sein. Wär's denn so befriedigend, den Mann, statt auf dem Wellness-Dampfer rororo, unter der Brücke zu sehn?

Was heiße da Trump, was Schenkel?
Nach dem Weinchen werde der Autor noch signieren.

Gott schaut vorbei und zeigt sich großzügig. Er gibt eine Runde Frühling aus und legt ein schweigendes Schweigen obenauf. Danach raffen sie sich auf zu ihrem Gang zu Hartz.

13.4.2018
--

Mittwoch, 11. April 2018

Ein Geschenk

Eine Stunde geschenkt.

Vogelsingen und Grün,
Grün mit vertrockneten Blättern,
saftiges Grün mit Glanz auf Blüten so gelb.
Und weiß, so weiß dazwischen ein Teppich
in der Sonne,
der Sonne!

Russische Worte, Deutsch und Arabisch,
Rauschen von Rädern, von Glocken ein Klang
im Vogelgesang.

*

Gott ist die Liebe in einer Umarmung.
Lass mich bleiben,
bleiben und gehn.

11.4.18

Sonntag, 8. April 2018

Hikikomorisches

Hikiko Mori

                         (Sprachversuch, gebuchtet und gebeult nach B Strauß)

Der kleine Hikiko verlässt den Garten Getsehmane, das Leben zu probieren. Aus der Wüste der Zeit fällt ihm ein Granatapfel vor die Füße. Ein Geschenk des Himmels. "Erfrischung", denkt er beim Blick in das Rot.

Als er die Frucht anfasst, spürt er von unten eine faulige Weichheit. Aber es ist noch ausreichend frische Frucht übrig. Er wischt die Hände an der Anzugshose ab und beißt vorsichtig in die Kerne. Köstlich! Anschließend trinkt er vom Brunnen an der altkatholischen Kirche.

Dann verschwindet er hinter dem feinen Gewebe der Vergesslichkeit.

Wie traurig, sein Leben an die Leistung zu verschwenden oder an die sozusagen "Albisheimer" Ruhezone!

Die Erinnerung gleicht einer verlassenen Stadt an der Route 66. Alte Bärte rollen in den Winden des Llano estacato voll Duft des Whiskey und Deep Purple über den versandeten Teer aus Elvis' Zeiten. Sie rufen verlogen nach Love, voll Sehnsucht nach dem Schnitzel von Damals.  

Den Edelstein ihrer Seele haben sie verlegt und sie fingern vergebens nach ihm in den grünlichen Wassern der Wellness, in den Bierrülpsen der angesagten Literatur. In einem ohrenbetäubenden Lärm von rechtem Ork-Getrommel schwanken sie durch ein Wacken des Ich.

Da: Hikiko taucht wieder auf aus dem Dunst. Er lacht über das ganze Gesicht. Der Frühling hat ihm seine Pforte geöffnet, die Zeit die Automatik -Tür der Gegenwart. Er taucht ein in die Anwesenheit der Menschen. Es ist eine Umarmung.

*

Von ferne schauen drei herüber: Dr. Smirc findet, die Jeans stünde ihm besser als Boss. Sein Freund, Psychagog und Sudokulenzer Dr. Warnix, sieht das natürlich wieder einmal etwas anders: "Reichtum schändet nicht! Schau genau! Wie groß so ein Nadelöhr doch im Garten des Zen sein kann!" Der dritte im Bunde macht sich lieber unsichtbar. Gott will das freundliche literarische Unternehmen nicht stören.

Die Bienen summen, die Forsytien blühen gelb in die rosa ausbrechenden Mandeln, Gartenrotschwanz und Spatz jagen und singen im Gebüsch. Das Leben sagt: "Komm, wir gehen ein Eis essen!"

Donnerstag, 5. April 2018

Löcher stopfen

Wenn Sie einen Verlust hatten, nicht nur eine Sehnsucht, empfiehlt Dr. Smirc:

"Plötzlich war da ein Loch im Gewebe meines Lebens.

Gut: ich hätte einen Flicken darüber bügeln können. Aber zum Ersten sind die Motive zu kindisch, die Muster nicht meine Muster, zweitens ziehe ich eine selbst erarbeitete Narbe einem aufgeklebten fremden Wohlwillen vor.

So fädle ich den Faden durch die Nadel und beginne eine neue Bindung von den Rändern der Öffnung aus zu nähen. Ich prüfe die Stabilität des verbliebenen Stoffes. Hilfst Du mir? Vorsichtig! Er könnte weiter einreißen! Wo er zerstört ist, war er scheinbar schon länger unbemerkt brüchig gewesen.

Am besten verknüpfen die bunten Garne der Erinnerung. Aber auch die gröberen Fäden der Alltagswelt versprechen neuen Halt. Na ja, das Leben hat mich nicht zum Schneider oder Flicker ausgebildet. Aber ich möchte auch nicht nach der neuen Weise meine Haut unter der Seele hervorschauen lassen. So nähe  und verknüpfe ich. Das Licht ist hell genug und erzeugt Sterne der Reflexion in den Tränen."

Dr. Warnix, Psychagog, Mann des Gesetzes und nervige Gefühlströte des Hygienesiegels, bewundert das Werk: "Wenn ich nicht wüsste, was geschehen ist, würde ich sagen: Wie neu!"

Gott wollen wir dabei mal aus dem Spiel lassen. Was sollte er dazu sagen? Vielleicht noch einen Rat zur Vorsicht, weil das Loch durch die Haut geht.

5.4.2018

Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...