Donnerstag, 10. Oktober 2019

Galerie

Ich gehe die Galerie meine Erinnerungen entlang.

Es gibt einige düstere und es gibt ein Loch in der Wand. Ich betrachte die schönen, die seltsamen, bunten, grauen, langen und kurzen.

Der Moment, in dem sich das Gesicht eines Freundes in Haß verzerrte. Die Alternative hieß: Freundschaft oder Recht. Er erklärte den Krieg. Ein realistisch dargestelltes Bild der Hässlichkeit im Haß. Farblich stark betont in überzeichneten Grautönen.

Das Bild stürzender Wichtigkeit. Ein schwarzer Abgrund, in den ich nicht hinunter sehen kann. Schmerz erstickt das Wort.

Die neueren Bilder kommen. In ihnen sind Himmel und Farben blasser. Das Alter hat noch nicht aufgelichtet.

Vorbei am Zapfkönig. Die Wand macht eine Biegung und ich befinde mich wieder am Anfang, bei den von der Zeit heller und bunter übermalten Bilder der Kindheit. Ich weiß: es war anders. Was kann ich noch davon erzählen? Es sind die Bilder, die ich davon behalten wollte.

Und ich gehe die Erinnerungen entlang. Dann öffne ich die Tür. Und ich sehe, was ich nicht weiß.

Das Gefühl heißt Dankbarkeit.

10.10.2019

Dienstag, 8. Oktober 2019

Himmel

Die zwei Menschen kamen an die alte Gärtners-Hütte, die zugeschlossen und stumm mit finstern Stuben im lichten Garten stand, wie eine Vergangenheit in der Gegenwart. Entblößtes Gezweig der Bäume verschränkte sich mit fetten halben Blättern über dem dichten, sich durchgreifenden Laubwerk der Stauden.

– Der Frühling stand als Sieger neben dem zu Füßen liegenden Winter.

– Im blauen Teiche ohne Blut war ein dunkler Abendhimmel ausgegraben, und sein Abfluß wässerte rauschend die Beete.

– Die Silberfunken der Sternbilder sprangen auf dem Altare des Morgens auf und fielen erloschen in das rote Meer des Abends nieder. –

– Der Wind schwirrte wie ein Nachtvogel lauter durch die Bäume und gab der Akazienlaube Töne, und die Töne riefen den Menschen, die in ihr einstmals glücklich wurden, zu: »Trete herein, neues Menschenpaar, und denk an das, was vergangen ist, und an mein Verwelken und an deines, und sei heilig wie die Ewigkeit, und weine nicht bloß vor Freude, sondern auch vor Dankbarkeit!« –

Und als sie wieder aus der heiligen Laube in den magisch-dunkeln Garten traten, nahm er den Hut ab, erstlich um innerlich Gott zu danken, und zweitens weil er in den unaussprechlich-schönen Himmel schauen wollte."

Soweit Jean Paul

Ich erinnere mich nicht an einen unaussprechlich schönen Himmel. Sehr wohl aber an meine Sehnsucht danach. Vor den Himmeln stehen die mich vor dem Versinken rettenden Paravents des Alltags und die das Staunen abziehenden Bilder und Lieder der Kultur. Dröhnen, Flieger, Raketen, Drohungen und der Zorn darüber schwirren vor den Sternen, lärmen,empören sich vor dem die Weiten suchenden Blick.

Wie schön, daß es einer sah und beschreiben konnte!

"Groß stand auf Gräbern und Bergen die Nacht vor dem Herzen und machte es groß. Über dem weißen Turm-Obeliskus ruhte der Himmel blauer und dunkler, und hinter ihm flatterte der abgedorrte Gipfel des niedrigern Maienbaums mit entfärbter Fahne. Da erblickte der Sohn das Grab seines Vaters, auf dem der Wind die kleine Türe des metallenen Kreuzes knarrend auf- und zuschlug, um das auf Messing eingeätzte Jahr seines Todes lesen zu lassen. –

– Eine heiße Wehmut ergriff mit heftigen Tränenströmen sein losgerissenes Herz .."

(aus "Gesammelte Werke Johann Paul Friedrich Richters alias Jean Paul" Friedrich Richter)

Und hier ruht der Himmel blauer und dunkler, breitet sich über fühlen könnenden Seelen aus. Und hier sind Tränen möglich, wo uns eine aufgeklärte und sensible Zeit sie erst "erlauben" muß...

Im Alter erst habe ich die Chance, im Angesicht meines sicheren Todes Abstand von der Gegenwart zu bekommen, Wichtigkeiten in den Räumen zwischen dem noch-nicht und nicht-mehr meines Lebens zu belassen und  etwas von der realen Weite von realem Raum und realer Zeit ahnungsweise zu fühlen. Und der Einzigartigkeit dieses kurzen Aufblühens und Erlöschens dankbar gegenwärtig zu sein.

Dunkel liegt der Teich ohne Blut unter dem roten Meer meines Abends.

8.10.2019 Klaus Wachowski

Liebe und Leid sind real existierende Dinge. 


Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...