Mittwoch, 29. November 2017

Max Frisch betrachtend

Ich spüle das Geschirr
Bin ich einsam?
Ich trockne das Geschirr
Manchmal bin ich gerne allein.

Max Frisch Entwürfe zu einem dritten Tagebuch. suhrkamp

Wer schreibt, malt, forscht, denkt, formuliert, muß, wenn er/sie mit sich zufrieden sein will, die Welt aus der Entfernung betrachten, seinen Stuhl vom Tisch rücken. Die narzißtische Verführung: „Einsamkeit adelt“. Sie schmerzt? Aber auch zu große, zu lang anhaltende Nähe schmerzt. Manchmal, ehrlich, bist doch auch Du gern allein.

Und Du spürst, wie interessante Gedanken in Dein Zentrum drängen. Lasse sie zu: es sind Deine Gedanken und als eigene immer wertvoller als Gedanken von anderen. Hör nicht auf die Empörung des Lehrers in Dir. Hat er Dich nicht in Angst und Schrecken versetzt, als Du noch Kind und wissbegieriger Mensch warst? Aber diese Lehrerin, die Deine Neugier auf Welt begleitete, zeigte, wo es außerdem noch interessant ist; was würde sie denn jetzt und dazu sagen? Du kannst ganz für Dich selbst aussuchen, ob Du darüber nachdenkst.

Mein Freund und viel zu spät kennen gelernter Zweifler Richard, Du bist leider zu früh gestorben!. Du fragtest mich, was ich mir unter der Vorstellung "Höhle" denke. Du hattest Deine eigene Antwort. Aber Dich verlangte nach der Eigenheit meiner Gedanken. Es ging nicht um Recht haben. Es ging nicht um tiefere Einsicht: die eigene ist doch tief genug. Es ging um das Abenteuer der Entdeckung einer neuen Welt in der Durchdringung zweier Sphären. Danke für Deine Fragezeichen!

Dr. Smirc wirft ein: Aber darin kann man keinen Doktor machen!

Dr. Warnix, Psychagog und Dianetic-Clon, regt sich auf: Hör mal! Willst Du denn jedes wilde Denken domestizieren?! Forschung, Forschung! Immer schön die Röhre entlang! Das bringt Erfolg für die Regulierung des Tags. Aber Sonnenschein auf der Wiese, Beleuchtung der Planungs- und Verwaltungswüste, Erkenntnis aus Kenntnissen, das braucht mehr als die Monologe von Doktoren, Professoren, Diktatoren des Wie und Ignoranten des Was.

Gott kommt vorbei. Er liest in und mit einem Einhorn Shakespeare und Socrates. Ein Fastnachter aus Albisheim meint, hier müsse man sich doch mal recht wichtig machen und läßt sich auf den Boppes krachen. Gott und Einhorn peinlich berührt ab.

Ich reinige das Waschbecken. Manchmal bin ich gerne allein. Dann kann ich gut und tief an Dich denken. Das Schwinden der Zeit spüren, die Vorbereitung eines neuen Anfangs.

28.11.17 Klaus Wachowski


Montag, 27. November 2017

Hinweis auf "Aus der Scharwänzelforschung"

Zu lesen im Blog "Spielwiese und Reisen"

Erosions-Dokumente aus der Jetztzeit. Etwas unfaire Zusammenstellung erhabener Gedankenfluchten mit eingeborenen  Wutausbrüchen

Mittwoch, 22. November 2017

Cottage 2017

Ich komme aus den Nebeln Südenglands an John's Hütte an. Gott sei Dank ist er zu Hause. Wir reden nicht viel. Er zieht an seiner Pfeife. Der Rauch duftet würzig. Die dunklen Balken, die abgewetzte Bank. Und es ist warm. Ja, das Feuer knistert im eisernen Ofen.

Was haben wir miteinander zu tun? Wir warten auf Dr. Smirc und vertreiben uns die Zeit mit Trauern. Auch er hat einen Verlust. "Sie hat ihr Leid beenden wollen, nicht weiterschieben auf mich. Aber ich hab es jetzt, muß jede schöne Minute, die die Sonne schenkt, an ihre Schmerzen denken, ohne zu wissen, ob meine Gedanken darüber ihr entsprechen." 

Diese Erfahrung entspricht wohl auch meiner. "Wir müssen ganz schön schaffen, daß wir nicht mit hinab gezogen werden! Wie machst Du das?"

"Ich weiß nicht. Lebe einfach weiter, hoffe auf die Zeit. Aber es geht natürlich nicht ohne nachzudenken. So lenke ich meine Gedanken in die Erinnerung, versuche, mir das Schicksalhafte zu vergegenwärtigen, um meinen Anteil daran nicht zu einem Fels werden zu lassen, unter dem mein Leben erschlagen wird. Aber so leuchtend wie damals wird es wohl nicht mehr werden."

"Ja, wir sind zu einem Leben in Höhlen zurückgekehrt. Aber ein bißschen schön geht schon. Schau Dir mal Deine Bude an! Ist doch gemütlich."

Die Tür geht auf, Smirc kommt. Die Schlammstiefel brav abstellend verlangt er nach einem echt englischen Tee, bitter wie Hartz IV. Er will uns abholen für die Fahrt zur Ouse. Er hat auch schon einen Text für Virginia vorbereitet. Pathetisch natürlich, wie bei twistenden Dichtern so üblich:

"Liebe Virginia, wir möchten uns bei Dir bedanken. Du hast uns die schönsten Seiten Deiner Seele aufgeschlagen, Mrs. Dalloway. In unsere, von deutlich Ichbetontem Willen gepeitschte Welt hast Du die Fragezeichen der Wörter und des Denkens eingegossen. In den Kater der Willensbesoffenheit Deine klare Anschauung. Von der Welt mußtest Du Dich entfernen, um Dich in ihr Erleben hinein versetzen zu können. Davon zuviel hat Dich schließlich umgebracht. Dank für die Begleitung an Deinen treuen Liebenden! Wir denken an dich. Wir danken dem Leben, daß es solche Möglichkeit wirklich werden ließ."

Na ja, es hat etwas von unseren Gefühlen.

Dr. Warnix, Psychagog und schief gelockertes Künstlergebiß, erwartet uns schon. "Entschuldigt meine Verspätung! Stau auf der Gedankenautobahn. Mein Text ist nicht ganz fertig. Aber hier wenigstens das: "Liebe Virginia. Jedes Leben ist ein ganzes Leben! Ob Du nun wirklich eine Legende bist oder ein X von Milliarden wie ich. Die hast uns Teil nehmen lassen an Deinem Innenleben. Ich wünsche uns allen, daß es tatsächlich nach unserem Untergang etwas wie Weiterleben in einem der Energie zufließenden Zustand gibt und in irgendeiner unendlich fernen Zukunft sogar wieder Rückkehr der Materie in individuelles Leben. So etwas wie Du darf nicht verloren gehn."

Plötzlich die Glocken von Big Ben. In den bleiernen Kreisen fliegen Vögel. In ihrem Ruf der Freiheit höre ich die Hoffnung aus der Gemeinschaft. 

Klaus Wachowski 22.11.2017

Montag, 13. November 2017

An der Spüle

Ich öffne das Marmeladenglas "Brombeeren 2017". Ich schließe es. Ein starkes trauriges Gefühl schießt ein. Auch ich werde sterben und die Erinnerungen an mich.

Aber auch Du. Ob Du vor mir oder nach mir gehst: Ich werde sein ohne Dich.

Hier sein dürfen, mit Dir in der Nähe. All das zu verlieren ist wohl die Bedingung, es bekommen zu haben.

Am Wertstoffhof werden sogenannte Wertstoffe entsorgt. Ich höre Johnny Cash: "Nimm dies Reich von Schmutz! " Es war kein Schmutz, war schön in unserem Streben. 

Die Marmelade ist leer. Ich habe den Geschmack noch im Mund.
Was heißt "Entsorgung". Mir ist es "Entgeisterung". Laß uns dem Geschmack nachspüren.

Diese Gedanken des Dr. Smirc an seinen Ehemann, den Wolfshasser und Psychagogen Dr. Warnix erschienen mir so ergreifend, daß ich beschloß, sie ohne Beachtung meines Copyrights der Welt zugänglich zu machen. 
12.11.2017 Klaus Wachowski

Montag, 6. November 2017

Liebe und Sympthie in Durlach


Love and Sympathy

Unerwartetes Treffen der Herren Doktoren Smirc und Warnix in Durlach.

Dr. Smirc spricht von einer Familienfeier: 

"Wie schön es war! Man hat über all die Jahre vergessen, wie wichtig es doch ist, einem Kreis einander verbundener Menschen anzugehören. Ich bin noch ganz erfüllt von den Gesprächen, Berührungen, Umarmungen. Zueinander gehören! Aufzugehen in einem warmen Gefühl. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, dieses Aufgehoben-sein. Noch immer singt und summt es in mir. Das Herz springt mir im Leib.
Ich sag nur: All you need is love!*"

Dr. Warnix, Psychagog und All-you-can-eat-Gourmet der ersten Stunde, schaut skeptisch:

" Und draußen das Mädchen in der Kälte, an dem wir beide vorbei gegangen sind, was ist mit dem!? Hast Du ihm einen Euro gegeben? Kannst du ihm die Liebe geben, die sein Vater verlassen, die Mutter verweigert hat? Siehst Du da überhaupt noch eine Sehnsucht nach irgendetwas?

Die Hälfte der Welt hasst die andere, die andere Hälfte verhungert vor Euren Festzelten. Da ist nicht genug Liebe; und Liebe ist da nicht genug!

Mein Lied geht so: And sympathy is what we need my friends.**"

Gott hat im Vorbeigehen etwas mitbekommen. Er/ sie lächelt in sich hinein. Was wäre, wenn es nicht doch irgendjemanden gäbe, an sie in Liebe oder Trauer zu denken, nach ihr, gerade ihr zu suchen? Wenn die Sympathie weit genug greift, wird sie ihren Blick heben, auf die Suche nach Liebe gehen können.

Er umarmt die beiden. Im Badenser Schlenzer gibt er ihnen eine Runde praktische Vernunft aus. Auf dem Etikett der alten Flasche kann man die Worte "heilig Geist" entziffern. Heilige Maria! Auch der essigsaure  Kant, der aus der Barmherzigkeit am liebsten ein luther-preußisches Strafgesetz machen würde, darf mit an den Tisch, auch wenn er nicht an die komische Figur glaubt, die daher redet wie aus der Bibel und auftritt wie der Sohn persönlich. 

6.11.17 Klaus Wachowski
* all you need is love, the beatles 1967
** and sympathy is what we need my friends, rare birds 1969


Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...