Wogender
Fluß fließt durch den Blick. Vom anderen Ufer wirft Basho ein Haiku herüber.
Was ist das? Soll ich Beifall klatschen? Die Wogen im Fluß steigen und sinken.
Ich
bin ein Bewohner der Hügel. Noch bedeckt Grün die erkaltende Erde. Die Blätter
ziehen noch Energie. Sollen die Wurzeln fetter werden, der Stamm stärker? So
sagt die biologische Betrachtung. Aber das Kind in Dir sieht: Der Strauch atmet
Kraft. Siehst auch Du den Fluß?
Mit
dem Schal eines verstorbenen Freundes wische ich die Fingerabdrücke vom Tablet,
um einen tiefgründigen Text zu beginnen. Die Tülle des Kaffeekännchens ist angeschlagen,
vor der Tür ein Rollator, der noch nicht auf mich wartet. Schön, am Ufer des
Flusses zu sitzen und die Zeit fährt durch mich hindurch.
Die
Weihnachtsgeschichte färbt heute die Stimmungen von Millionen von Menschen. Der
Hass verliert einige Atome in der Gefühlsschmelze. Der Zorn der Intellektuellen
gegen die süße Beeinträchtigung sucht nach scharfzüngigen Worten. Da, sieh den
Grünfink am Futterhäuschen und das Vogel-Erkennungsbuch unter gebasteltem
Stern. Und jetzt sage mir: Das Leben ist anders.
Ja,
da sind Haß, Mißtrauen und Hoffnungslosigkeit, die drei. Aber der Hass ist das
Gemeinste unter ihnen. Aber da sind auch Liebe, Vertrauen und Hoffnung. Und die
Trauer schmilzt Asche zu Sternen.
Wo
Du auch stehst, setz Dich zu mir ans Ufer. Sieh, wie der Fluß diesen Tag durchfließt.
Als Du zum Leben erwachtest, sicher nicht in der Krippe, sagte es zu Dir:
"Du bist wert." Auch dies ist ein Tag im Paradies.
Klaus
Wachowski 14.12.2014