Ich hebe den Blick von
den problematischen Verhältnissen des Menschen und entdecke das Graugrün der
Kaufhausfassade unter dem Graublau des unentschiedenen Frühjahrshimmels. Über
dem Dach ragt eine Baumkrone in von Knospen verdickten Zweigen hervor. Ich versuche
die Übung Ewigkeit.
Die architektonische
Bedeutsamkeit "wir gestalten dieses Haus in Erinnerung an die Nebel der
Kordilleren" oder "dies wird ein Fanal gegen die Architektur der
Inbrunst" schrumpft auf die eines Plastiksplitters, die ein ruppiger
Fahrrad-Diebstahl zwei Straßen weiter hinterlassen hat, oder auf die
problematischer menschlicher Verhältnisse vor dem Tod und der darauf folgenden
Zeitspanne des Nichts.
Andererseits steht diese
Wand von teuer und unwichtiger Unwichtigkeit vor dem Nichts wie eine Wand. Und
die graugrüne Steinfassade, die da von einer Beton-Stahl-Konstruktion hängt,
zündet der Sehnsucht in mir ein bengalisches Feuer von Erinnerungen an. Da
erscheint wirklich so etwas wie ein Nebel von Sauerstoff vor fernen Bergketten,
eine japanische Einsamkeit, ein dekonstruktivistischer Verlust von Hoffnung,
das Verlorengehen eines Max Frisch in der Brandung der Lebenslust.
Ich stolpere über zu
meinen Füssen hüpfende Osterhäschen, während ich mir die Nacht des Karfreitag
vorzustellen versuche. Vielleicht ist es gerade diese Präsentation der
ohnmächtigen Lust auf Dauer in diesem architektonischen Wurf, die den Schmerz
der Vergeblichkeit, der Verlassenheit deutlicher ausdrückt als alles Donnern
und Blitzen der Nacht des Gottesmordes, als der Mensch den Menschen
mordete.
Wie schön, über ein paar
hüpfende und schreiende Kinder zu stolpern, und in die feuchten Wiesen eines
Ostern zu fallen, den Blick in die Architekturen der Einsamkeit und in den blau
sich entscheidenden Himmel.
Klaus Wachowski 31.3.2012