Sonntag, 26. Juli 2009

Derwarnix

Kleine Ausflüge ins Delirium.

Dies ist eine Skizze für Freunde wechselnder Wolkenfelder.


Himmel, irgendwo zwischen Zeltingen-Rachtig und Kottweiler-Schwanden. Es gibt ein gutes Weinchen in der Kulturschwemme. Sie kennen das Multitalent Karl Theo Göring nicht? Ein Keks ist kein Pflasterstein. Die Zeit zwischen 1930 und 1949 hat zwar weniger künstlerische Spuren hinterlassen. Kleine Bedenkenkrise oder großes Schweigen? Der Kriegsgefangene aber fotografierte viel.

Raffzahn-Schani erblickt das Geleucht des Bergmanns und macht sich auf den Weg in den heiligen Caucas.

Am Fenster stehend sieht er die Bäume, den Himmel voll grauer Wolken, hört er die Vögel singen und das Rauschen der Autos. Er spürt sein Gewicht angenehm in den Füßen. Wozu er auf der Welt ist? Diese Frage zu beantworten, weigert er sich. Die Freunde aus Union und Brutalverbänden, allesamt hochintelligente Minderleister, gehen zur Zeit in Depression. Und der Hund macht sich mausig mit Reiki-Übungen gegen Katzenpisse. Das Dorf lebt im Hier und Jetzt und hollerrä dijöh.

Da war eine PKK-Demo in Dortmund.

Wer demonstriert schon samstags? Man ruft den Namen des kurdischen Stalin und Hirn strammierende saugrobe Parolen. Wer da wohl alles mitmarschiert, weil er muß! Es gibt auch die ehrlich wütenden. Aber sie haben Probleme mit den Politprofis. Es fehlt ihnen an verläßlicher Lenkbarkeit.
Die haben ihren Haufen stramm organisiert. Vorne weg die jungen Aktiven, danach mit und ohne Kopftuch, ganz wie Du willst, die "Unrecht" schreienden Frauen. Dann wieder ein Block anständiger Männer und Kerle. Dann, gut umzingelt, junge eingeborene Chaoten in schwarz, und individuell und freizügig gedreßte flotte Go-go-Girls der Avantgarde, manche in scharfem Netzwerk von Stilikonen, manche in Silikon, schließlich der Block der ehrwürdigen Männer und Beter in Anzug und Grau. Als gäbe es keine demokratische Opposition. Man spürt etwas wie Drohung.

An einem Tisch erzählt man sich: "Sie ist verheiratet, schwanger und hat sechs Geschwister, und die haben wieder eine Menge Kinder. Das verliert sich in der Zeit. Die können nicht alle putzen gehen oder Hausmeister machen! Ein paar davon müssen auch zur Polizei oder in den Knast."

Arbeiten bis zum Umfallen. Auf die Straße gesetzt werden. Die Partei wählen und betrogen werden, einen Verein unterstützen und zum Schluß alle Arbeit selbst machen, in Rente gehen und die Ansprüche gekürzt kriegen. Er kennt das und regt sich schon gar nicht mehr auf.

Es gibt eine dünne Schicht Freundschaft, auf der Du Dich vorsichtig bewegen mußt, wenn Du nicht vollends in die Menschenverachtung abstürzen willst. Die ganze Welt mit Liebe, Selbstbewusstsein, Spaß, Ernst und Lust steht schon da drauf und es wackelt gewaltig unter der Einsamkeit. Wie gesagt: Du mußt Dich vorsichtig darin bewegen.

Da gibt es ja angeblich auch noch Gott unter einem Krautblatt. Wenn die Sonne scheint, ist gut glauben, und in der Not ist gut fürchten. Aber ich brauche ihn im Menschen.

Andere arbeiten fleißig an ihrem Körper. Sie bilden ihre Muskeln aus, heiraten, und bekommen Kinder, die sich dann in einer Buchhaltung einrichten oder festgeschnallt werden. Auf richterliche Anordnung versteht sich. Er liest lieber samstags im Feuilleton. Da ist ein Leben wie im Märchen. Was schadet es, dass die größten Langweiler zu Geistesriesen aufgeblasen werden, die kleinsten Geister zu Koryphäen.- Die Boxkämpfe zwischen den Rivalen der Kokosnusswälder hallen nicht weniger gewaltig als wirkliches Gedankenkrachen. Und das Lob eines outgesourcten Kritikers klingt wie ein dunkles, Bezahlmärchen aus alter Zeit. Erkläre mir, wie ich den Weg der Erinnerung verlassen kann. Meine Gedanken stürzen von Sehnsucht zu Sehnsucht.

Er zündet sich eine Zigarette an und für die langsameren Leser noch eine. Es ist schon in Ordnung, ich warte auf Dich.

In der Arbeitswelt ist es nicht anders als in der totalen Freizeit. Was bedeuten diese roten und schwarzen Zahlen schon? In der einen Familie bricht eine Tragödie aus, in der anderen tanzt die Langweile des Reichtums einen Tango mit seiner Angst.

Schräg fällt der Regen in die ohnedies frierende Seele. Unter den aufgetürmten Wolken plötzlich der Wellenschlag eines Vogelschwarms.

*

In den kleinen weißen Blüten zwischen dem rheinhessischen Altstadtpflaster breiten sich die ungesagten Worte der Nachbarin aus.

Frau Platz hatte keine Kinder und lebte glücklich mit ihrem Mann zusammen. Für den kleinen Jungen sah das kleine Haus eines Post- oder Bahnbeamten aus wie eine Wirklichkeit aus einem dieser Bilderbücher, die man damals in den ersten Klassen las. Hans, Heiner und Elsa lebten dort ein freundliches Leben vor, etwas fremd, aber unter dem blauen Sommerhimmel und roten, wurmfreien Kirschen glaubhaft wie eben ein Töpfchen mit gekochten Schweinsohren bei Frau Platz.

Wenn sie am Zaun stand und über die Straße lächelte, konnte sich der Junge gut eine Zukunft von schönen Straßen mit schönen Häuschen, schönen Gärtchen und schönen warmen Abenden vorstellen. So konnte der Friede unter den Menschen aussehen. Etwas langweilig. Aber wie sehr sehnte er sich unter den Gewitterstürmen familiärer Tragödien nach so einer Fibelwelt.

Jetzt, an diesem Morgen, in vom Erlebnishunger verlassenen, leeren Straßen, steigt eine Kindersehnsucht auf nach diesem anderen Leben unveränderlicher Freude im Zyklus der Jahre, deren Rhythmus durch Sonne und Regen bestimmt ist. Ungesprochene Worte steigen aus der im Muster der Straße verwobenen Erinnerung auf.

Von da geht die eine Form der Philosophie und der Religion aus.

Später lernte er den anderen Teil kennen und wurde lange Jahre von seinem Trieb getrieben, dessen Ermüdung er nun nicht zulassen will. Wenn er vom Eiffelturm aus über die Dächer von Paris blickt, bewegt ihn alle Erhabenheit weniger als der Horizont eines sich vor ihm in die Unendlichkeit eines Lächelns erstreckenden Ausschnitts. Manchmal. Aber mit länger bleibendem Eindruck. Sein Mitgefühl gilt dem beim Anblick des Gekreuzigten Sexualität schwitzenden Priester.

Ob er sich je aus dem Tanz um Grete und Hans wird herauswinden können? Hier hilft Erinnern, Nachdenken, Austausch. Die zugehörige Philosophie kommt von Kant, die Religion aus den zweifelnden Gegenden des Glaubens: glühende vom Wetter umher gewehte Buchstaben einer Frage vom Caucas.

Die Vögel singen noch nicht aus dem Bauch. Sie schmettern und seufzen in Kopfstimme. Die Amsel sprüht Regen, die Lerche läßt die Welt unter einem Hitzeschild erstarren. Die Liebe findet einen Platz.
*

Nicht von Elif oder Fatma, sondern von der Marquise von O schreibt Kleist:
"Sie hob, mit dem ganzen Stolz der Unschuld gerüstet, ihre Kinder auf, trug sie ohne daß der Bruder gewagt hätte, sie anzuhalten, in den Wagen, und fuhr ab.

Durch diese schöne Anstrengung mit sich selbst bekannt gemacht, hob sie sich plötzlich, wie an ihrer eigenen Hand, aus der ganzen Tiefe, in welche das Schicksal sie herabgestürzt hatte, empor. "

Im Gefolge der französischen Revolution nimmt eine Frau ihr Schicksal selbst in die Hand, wird "mit sich selbst bekannt". Sie läßt sich nicht von der Familie ins Nichts verstoßen, nimmt sich ihre eigene Famile. Dieser Schritt ist der Beginn des Wegs zurück in die Selbstbestimmung.

Die Erfindung der Person ist ja noch nicht alt. Mit dem Aufstieg des heiligen römischen Kaiserreichs der Massen und der auf sie einpeitschenden Familien - Deine Ahnenforschung kann nichts finden, worauf ein Individuum stolz sein könnte- war sie für fast 1700 Jahre von der Erde verschwunden. Erst Reformation und Revolutionen ermöglichten wieder ein Recht der Person gegen die Gemeinschaft.

Dünne Spuren davon gibt es auch in Deutschland. Eine davon ist dieser Augenblick in der Marquise von O.

Inzwischen verlottert die Republik wieder. Jeder und jede Unverantwortliche schottet sich gegenüber den Ansprüchen seines Nachbarn ab mit Sekretärinnen, Front-offices, Call-Centern und schwarzen outgesoucten Diensten. Jeder Trottel hält sich für einen verkannten Cäsar und schickt seine Kinder in Bildungseinrichtungen für Narzißmus und Beziehung.

Der Bürger wird zur Ausnahmeerscheinung mit Tendenz zur Randexistenz. Ihr müßt Euch selbst wehren, wenn ihr frei geboren seid.-

Ansonsten, z.B. bezüglich Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit scheint es mit Kleist zu sein wie mit sogenannten Dekomäusen. Mit dem Bauch denken, ist so eine Sache. Aber solange sie den Mund nicht aufmachen... Überhaupt scheint die Geschichte zu zeigen, dass kaum, dass die Freiheit eine Öffnung für die Gedanken in den düsteren Horizont gebohrt hat, auch schon alles was an Chauvinismus, Rassismus, gnadenloser Weltenplanung und Menschenhass in den Individuen steckt hervorkommt und die Welt in neue Schrecken versetzt.

*

Vorsicht auf der A4 zwischen Kulwick und Pflastingen. Unfall in einer Baustelle. Ein Lastwagen tiefgefrorener Einsamkeit fährt auf Dich zu, während Du bremsen musst.

Derwarnix sitzt schon Sonntag früh um 8 mit dem ersten Bierchen auf der Bank bei der Tankstelle. Der war schon in der DDR nix und bei Vatern. Was ist ihm ein Auflug ins Grüne? Er wartet. Wie wir einst warten werden.

*
Jetzt aber macht Platz für Ehrfurcht und Andacht in Rheinhessen:

Blickt man auf das literarische Lebenswerk eines Wörrstädters, dann ist man geneigt, vor Ehrfurcht zu erstarren. Ich zwar nicht, aber öffnet er den Schrank mit seinen vielfältigen Werken, huscht ein Lächeln über sein Gesicht. "Das sind meine geistigen Kinder", sagt er andächtig. Eines heißt: "gelacht, gebabbelt und gegrunzt" oder ähnlich.

Wer so etwas wohl liest? Man beschenkt einander also mit langweiliger Kurzweil, um der Langeweile zu entkommen.

Im Caucas bringen sie also die Menschenrechtler um. GUS blöd. Der Geheimdienst ist wohl scharf auf Aktien von Gazprom. Urmütterchen Rußland, ganz schön Neonazi, zeigts ihren Kindern, was Erziehung zur Bravheit ist. Die Sibirienfahrer träumen düstere Märchen zur Beleuchtung ihrer Altersdepressionen. Pittoreskes Elend weicht in die Städte aus. Dome der Hoffnung erbaut die neue Unbarmherzigkeit. Das Volk wird ins hollerrä dijöh geführt. Die Elite der Beziehungen handelt aus dem Bauch gedacht. Es riecht gelacht, gebabbelt un gestrunzt.

Ein Junge und ein Mädchen machen sich auf den Schulweg aus der Fibel. Unter den Wolken plötzlich Vögel.


Tauche auf, vergiß alles, was ich gesagt habe und mache Dir eigene Gedanken.-

26.07.2009 Klaus Wachowski

Samstag, 18. April 2009

Fallende Buchstaben fotografieren - Wutrasende Koloraturen

Wutrasende Koloraturen wandern mit Jesus Christus durch die Nacht. Unser Dorf soll schöner werden. Als sie sich setzt nimmt ihr Körper einen verführerischen Gesichtsausdruck an. * Am Feuerwehrhaus, unter frisch vom Häcksler blutig geschnittenen Büschen erfahren sie Geschichte. Ein Stück klein gerissener Plastikplane aus den 90ern. Sie kam damals mit einer ersten Fuhre Hoffnung auf schnellen Reichtum aus Weißrussland via gerade erloschener DDR. Wie klein die Kinder waren. Noch rebellierte Trotz, aber auch Pubertät ließ schon erste Schrecken von Beziehungsbeben über uns donnern. Wie abgespannt wir waren! Hier eine ausgehärtetes Brause-Überraschung. Bizzel-Blitz und super-sauer. Es lag weiter zurück in der Kindheit von X und ist unserem Alter näher als jenes. Ein zerbrochener Flaschenhals pubertäre Lustwut, eine Scherbe junger Verzweiflung, ein Knochen Schnitzel vom Rottweilerführer auf Sonntag. Etwas Buntes vom Dorffest, etwas Glitzerndes vom aufbrechenden Schlägertrupp. Ein Edding aus gewaltigen Ankündigungen von Liebe und Hass. Die Besitzerin baut inzwischen Blockhäuser in Rumänien oder Kanada. Hier aber liegt ein Versprechen auf ewige Treue neben der Tagebuch-Seite eines Superschülers, der inzwischen betreut wohnt, jenseits im Loft eines Verzweifelten. Etwas Schmutz vom Stab eines Rheinhessenpilgers auf dem Kondom des letzten Viagradichters. Unsere Sehnsucht unter der Feuerwehrspritze. Du sagst: Depression. Ich antworte: schöne neue Welt. Der Nachbardesigner hüllt die Kronkorken-History in duftende Beflockungen. Jedes dieser Kapitel enthält Sätze weltgeschichtlicher Weisheit, schreibt der erste Weltkrieg zu Herder. Erinnert an ersten Nolte vom Historikerstreit. Er macht jetzt in Islamismuswissen. Jesus Christus hält einen Moment, um die Walking-Stöcke wegzuwerfen. Im Wagnerianum erheben sich wutrasende Koloraturen. Aber schau: ein erster Glaskork von heute. Prost, Liebe: wie schön ist doch der Garten Eden am Feuerwehrplatz. * Ein Poetry-Slam wird aufgebaut. Worte in gereimten Klumpen fallen aus Menschen, die Du für Nachbarn gehalten hättest. In der VIP-Lounge applaudieren zahnlose Zuhälter an der Seite bissfester Prominenz. Wir gehen als die von Bratwurst aufgedunsene Begleitung des menschlichen Faktors Platz begehrt. 18.04.09 Klaus Wachowski

Donnerstag, 16. April 2009

Eine Buchbesprechung 2009 - die einzige

Alzeyer Wochenblatt S 8 | ALZEY / REGION DONNERSTAG, 16. APRIL 2009 Das leise Grauen hinterm Spiegel Der Alzeyer Klaus Wachowski und seine „Idyllen 2008“ Als „Idyll“ bezeichnet man (heute) harmonisch verklärtes (ländliches) Leben, ein Bild oder einen Zustand – beschaulich und/oder friedlich wirkend auf die Betrachter. Das Wort stammt aus dem Griechischen. „Eidyllion“ heißt ursprünglich „kleines eigenständiges Gedicht“ oder „Bildchen“. (be) 

– Kleine kraftvoll-poetische Hymnen auf Alltäglichkeiten, auf die Gitter unserer menschlich-allzu-menschlichen Schwächen, auf die Gefängnisse unseres ureigenen Ichs begegnen uns in den „Skizzen“ des Autors Klaus Wachowskis. Idyllen sind eigentlich ein Widerspruch in sich selbst. Es gibt sie nämlich nicht wirklich. Vor allem bergen sie immer einen Hauch von Gefahr in sich; was steckt hinter dem dekorativ golden berahmten Spiegel? Was unter dem einladenden Sofa, auf denen akkurat in der Mitte geknickte Sofakissen liegen? Selbst der süße Teddy darauf erzählt eine andere Geschichte. Schaut man genauer hin, hat er ein Auge verloren und sein Overall hängt ihm auf der Rückseite in Fetzen von seinem braunhaarigen Körper. 

Genau damit – mit den drohenden, oder vorhandenen Abgründen hinter den Idyllen – spielt der Autor Klaus Wachowski manchmal in seinen „Prosagedichten“. Und das mit großer, sensibler Intensität und Ausdruckskraft. Seine einzelnen Bilder oder „Skizzen“ haben ihre ureigene lyrische Sprache gefunden, die im Leser tiefe Gefühle freisetzen. Man atmet seine Seelenzustände mit, leidet mit, wenn der Autor leidet. Wachowski schafft es, die Leser zu Komplizen zu machen. Wir nehmen Teil an seiner offensichtlichen Verehrung für den Dichter Jean Paul, schauen nach, wer Primo Levi ist (ein Überlebender und Zeitzeuge von Auschwitz), verstehen die Intension des Textes „Eine Niederlage“; in der Tat kann und konnte man eigentlich nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben. Und dennoch: „Primo Levi schreibt seinen Bericht auch für die Deutschen. Ist es sein Vertrauen, das uns so sehr von den Schmerzen der Schuld entlastet?“ 

Wir akzeptieren, dass Wachowski Knut Hamsun „wegen Hitler“ nicht liest, Handke wegen „dem serbischen Hitler“ und überlegen sogar, warum selbst der Lieblingsdichter der Deutschen, Heinrich Heine, als „Allreimer“ sein Fett weg kriegt. Der Autor ist eben in seinen Texten überzeugend, authentisch und sicher. „Es ist noch viel zu tun und zu ertragen, bis der Mensch den Menschen nicht mehr nur ausnahmsweise im Menschen erkennt. Da ist ein Weg, der weg von Auschwitz und den anderen Höllen führt!“ So fremd es klingt, auch in Auschwitz konnte man ein Idyll erkennen; es gab dort bis zum Schluss eine Musikkapelle, sie spielte auf wie zu einem Tanztee für gut betuchte Senioren am Nachmittag, spielte gegen das allgegenwärtige Grauen an. Auf Befehl. Aber da sind auch Texte, die der Seele schmeicheln, sie besänftigen, beruhigen und Hoffnung bringen. Auch da bleibt der Autor allerdings Pessimist. Ihm ist – wie allen wirklichen Schriftstellern – als Katalysator die Melancholie immer Weggefährtin. Wunderschöne Metaphern gelingen ihm mit einer genialen Leichtigkeit. Hier schreibt ein kluger, ein belesener Mensch, der uns immer wieder kurze, prägnante Licht- und Dunkelblicke in sein Leben zu Füßen legt. Ein 68-er mit präzisem Durch-, Weit- und Rückblick. 

„Im dunkleren Blau des Himmels löst sich das Schwarzgrau der Regenwolken in Fäden auf. Das Abendrot webt sich ein. Unter zwei Kirchturmspitzen schwebt ein Gespräch in zwei hellgrünen Baumkronen. Es ist schön, menschlichen Stimmen zuzuhören.“ Das ist eine der Stärken des Autors; das Zuhören, das akribische Beobachten von Seelenzuständen wie in „Goethes Pudel“: „ in einer Haustür steht eine bedrückt schauende, tief aus der Zigarette ziehende Frau, blond über blau, und lässt den Blick weit in die Mythen eines Wohnzimmers der Kunstblume sinken… Wurden Deine Haare nicht auch auf so einem Sofa von Mama und Schwester gebürstet und gekämmt? Blicktest nicht auch Du aus so einem Fenster in einen todlangweiligen Sonntag, liebestollen Samstagabend. Sie zielen auf das Kind mit dem Märchenbuch.“ 

In „Fragen“ schreibt der Autor: „Fliehe mit Robert Walser ins Nichts.“ Uns Lesern soll es recht sein, wenn dann aus dem Nichts solche „Idyllen 2008“ – solche Reflexionen, Canzionen und Phantasien – entstehen, die wir empathisch in einem „Gang durch fremde Gärten“ mit ihm teilen. 


Dank an die Redaktion für sensibles Lesen!-   Klaus Wachowski

Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...