Sonntag, 19. Dezember 2021

vulnerabel ins Heim

Vor dem Vulnerablenheim kommt ein Schiff geladen bis an sein höchsten Bord mit Liebe und Gnade. In den Applaus hinein klingt es hoch aus dem Zimmer der Therapeuten-WG in die Posaunen:

"Ihr habt den Krieg verlorn, Ihr habt den Krieg verlorn..."

Und:

"Hoch - die -  inter/natio/na/le - Solidarität!"

Es beginnt sehr zu weihnachten.

Von den Masken, die hier im Viertel auf den Gehwegen liegen, sind die meisten von schwarzer Farbe. Mäntel um die Angst.

*
Andacht

Da ist ein Raum, dunkel und von Kerzen in eine beleuchtete Stille verwandelt. Mir ist Raum und Zeit zum Nachdenken gegeben. Es bleibt die Frage: "Was bist Du?" Leben, Welt, Ding, darin ich bin, das in mir ist, von dem ich alles bekommen und viel verloren habe?

Ich bin in der Wirklichkeit. Etwas in ihr ist Ich-noch-einmal. In anderer Gestalt. Dies ist ja gerade, woran ich jetzt "Was?" fragend denke. In einem Raum, von Zeit erfüllt, von Stille und leuchtenden Kerzen.

Auch der Christen verfolgende Marc Aurel empfahl über das Recht hinaus gehende Nächstenliebe. Das erwarte die Natur, die Vernunft und Menschennatur von uns. Der Philosoph auf dem Thron. Du spürst es in der Macht des Mitleids und des Gewissens. Vom Thron konnte er nicht herunter. Auch er fühlte sich als von der Natur, nicht von Zufall und Herrschaftswillen eingesetzter Herrscher.

An Selbstdenken und Selbstfühlen führt kein Weg vorbei.

So sitze ich hier im Rund, von Kerzen beleuchtet im Dunkel, in Stille vor einem Kreuz und frage das Ding, das da in mir und um mich herum als Wirklichkeit wirkt, nach dem Was. Nach dem nicht Erkennbaren im Sein.

Und wenn ich einmal davor stehen, darunter stöhnen werde, hoffe ich in Frieden sagen oder denken zu können:

"Und wo ich lebe, lebe ich der Welt,
 und wo ich sterbe, lebe ich der Welt
 und dem, mit dem sie mich so freundlich verbunden hat."

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Von Himmel und Sehnsucht

Vom Himmel

 Zu einem schönen Vortrag bei der Abendandacht fiel mir ein

Der mächtige ursprüngliche Vers:

O Heiland, reiß die Himmel auf,

Herab, herab, vom Himmel lauf,

Reiß ab vom Himmel Tor und Tür,

Reiß ab, wo Schloß und Riegel für!

 

Friedrich Spee um 1630 zugeschrieben

Neu gefasst:

O Heiland reiß die Himmel auf!

Sie hadern damit, Gott nicht glauben zu können!
Ja und?
Es liegt doch vor und in ihnen, breitet sich um sie herum aus. Da ist es doch weniger eine Frage des Glaubens als eine der Aufmerksamkeit, des Interesses in Leben und Welt.

Wenn die Himmel aufreißen sollen,
ruft  ein tieferer Schmerz
aus Liebe und Verlust nach oben,
fließen wildere Flüsse, jüngere Bäche
aus Herzen
dem Ende zu.
Was sind da Kraft und Kräfte?!

Da sind Hoffnung
und Liebe
und Glauben an all dies, von dem ich mir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen kann.

7.12.21

Freitag, 26. November 2021

Im Raum Ich

Im Raum Ich

Es ist jetzt 6 1/2 Jahre her

und dennoch zwitschern die Vögel

in den angeleuchteten Tannenzweigen,

knattern die Sägen des Bauhofs.


Ich decke mich mit meiner Trauer zu.

Du, so fern im Es-war-einmal.


Noch eine Zigarette,

Du schaust aus dem Rauch herüber,

nachdenklich und traurig.


Doch Du warst auch,

bist auch

hüpfendes, strahlendes Lachen,

in dessen Nadeln der Vogel singt.

11/21

 

Ich bade in Erinnerung

Und meine Kinder sprangen im Garten. Von der Sonne gewärmt, von duftenden Winden gelockt.

Hinaus! Da muss es doch anderes geben. Mehr! Weiter hinaus. So klang die Musik des Glücks, der Sehnsucht.

Und trotz allem und allem, war es schön!

 

P.S.: Da musst du mir schon etwas mehr bieten, mein Dichter

Freitag, 17. September 2021

Septemberabend 2021

Septemberabend 21

 

Am Abend, als der Sonneglanz auf festen, grün emporgestreckten Gräsern steht, höre ich den mürben Ruf eines Raben.

Ich lasse es wirken.

*

Auf dem Weg zum Friedhof eine Hochzeitsgesellschaft. Klirren von Dosen, Sekt in riesiger Flasche. Wer ruft da: „Frohe Weihnachten“?

 

Ein Alter mit funkelnden Augen aus klebrigem Bart auf dem Weg zum Mittelaltermarkt.

*

Die Fontäne über dem Wasserspiegel in den Bäumen. Robinson starrt auf's Meer.

*

Ich stelle mir vor, auf einer einsamen Insel zu sein und nur noch für 30 Tage Lebens Tinte zu haben.

Robinson: „Wie wär's mit einem Tag Leben?!“

 

All die traurigen Leute, sie haben keine Zeit.

Eine Beerdigung. Geschrei der Musik gegen das Wort.

 

Zwei Kohlweißlinge tanzen umeinander.


 

Klaus Wachowski 17.9.21

Samstag, 11. September 2021

Hochnäsiger Tiefsinn

Hochnäsiger Tiefsinn

Ein Rundbord aus Pflastersteinen. Vor 30 Jahren von einem gefertigt, dessen Herz von Wut und Erschöpfung, aber auch von Freude und Erwartung erfüllt war.

Auch ich bin nicht frei von hochnäsigem Tiefsinn: ich sah nicht sein Herz voll Sehnsucht und Liebe.

8/ 21

Montag, 30. August 2021

Dienstag, 17. August 2021

Sein

 

Sein

 

Ich lese das Kochbuch,

Ich spüle den Teller,

Ich sehe den Mond,

Ich halte die Hand.

 

So fühle ich.

 

Der Baum strebt hinaus,

Der Vogel breitet die Flügel,

Kollege zieht die Karte durch.

Das Kind ruft das Glück.

 

Von Raum zu Raum

Fließt die Zeit in den Tag.

 

So staune ich,

Bin ich in der Welt.

 

Klaus Wachowski 16,8,2021

 

Sonntag, 4. Juli 2021

Freedom grief

 

Freedom

 

Freedom, Freedom….

Sometimes I feel like a motherless child,

A long way from home

Freedom, Freedom….

Sometimes I feel like I’m almost god,

A long way from home.                                           Richie Havens

 

Sich um die Trauer schleichen,

Du kennst das.

Den Abgrund musst Du nicht sehen,

Er zieht Dich hinab.

 

Du machst die Steuer,

Singst Dein Lied,

Rettest Einen

Oder fast.

 

Dann aber hat es Dich doch hingetrieben

Und der Nachtvogel ruft.

 

Du bist in der Welt

Und über Dir sind Sterne.

Geh Deinen Weg

Wie wir alle.

 

Klaus Wachowski 3.7.21

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dienstag, 8. Juni 2021

Schöner Abend

 

Schöner Abend 

Gott schaut in die Kiefer hoch.

Die Taube, das Kräxen der Raben,

Zwitschern und Tschilpen im Raum.

Die Wahlen sind um,

Der Anstand steht wieder bereit,

Wolken und Blau.

Mauersegler von Erinnerung zu Erinnerung.

Löwenzahn sendet frohe Botschaft

Über Wiese und Pflasterstrand.

Fernes Bellen,

Da sind Wunder und Liebe.

8.6.21

Freitag, 21. Mai 2021

Eine Hand anfassen.

Eine Hand anfassen. Da waren Überraschung und Freude. Und zurück kamen Freude und Vertrauen. Das Glück. Danke Leben!

Auch sonst habe ich viel erlebt. Für Dank genug.

Schön, daß es Schönheit gibt, Sehnsucht...

Was blieb waren Glück und Leid.

Dr. Smirc aus den Warnix-Archiven. 21.5.21

Montag, 10. Mai 2021

Wanderung 1963

Wanderung ins Allein

Hinter einer kleinen Senke biegt der Weg in weiter Kurve nach rechts ab. Er ist gelb von erodiertem Sandstein, gewärmt von der Maisonne, bevölkert von Ameisen und auf Steinen erstarrten Eidechsen. Es geht Richtung Wald. Im Feld noch eine riesige Eiche – sie kann nichts für den Wahn der Bartgermanen des Protzen Wilhelm. Weit breitet sie die Äste aus. In tausend Zweigen, Millionen Blättern zwitschern Vögel. Still, wenn Du näher kommst. Anders, auch schön, die Spatzen in Staubbad und Hecke.

Wer fürchtet sich nicht davor, in die Schatten des Waldes einzutauchen. Es ist keine große Angst, mehr das Gefühl, den Schutz der Gemeinschaft zu verlassen.

Der Junge hat Geschichten von wütenden Wildschweinen und tollwütigen Füchsen, ausgerissenen Er-will-nur-spielen-Hunden gehört. Aber die Sehnsucht nach jener stillen, von Bienen und Schmetterlingen erfüllten Luft über der Lichtung, nach dem von frischem Wasser plätschernden Brunnen lockt ihn hinein. Auch die dunkleren Rufe der Waldvögel, das Rascheln von Amsel und unsichtbarem kleinen Tier im Laub.

Der Sand, aus dem die Wege sind, ist nun rötlich wie der Steinbruch zwei Berge weiter.

Ich trinke vom Wasser und setzte mich. Laß uns schweigen.

10.5.2021 Klaus Wachowski 

Freitag, 30. April 2021

Abschied

 

Abschied 

Hinter mir weiß ich den leuchtenden Kranz der Sonnenblume. Neben mir ein abblätternder grüner Holzzaun. Niedrig und nicht weit. Flüchtig die weiße Mauer des Häuschens.

Da geht der Weg. Klein, braun und gelb, verschlungen. 

Willst Du ein paar Kilometer mit mir schweigen, schauen? Das Zwitschern der Vögel, das Rascheln des Tiers hören? 

Das Leben um uns, in uns.

Der blaue Himmel.

Da ist auch Duft von Gras und Strauch. 


Dann öffnen wir die Augen und begegnen Tag und Mensch

 

Samstag, 13. März 2021

Für Jean Paul Berührung

Dr. Smirc, ganz aufgeregt, ruft den Freund und Psychagogen Dr. Warnix. Ausgerechnet der Zetteldichter findet einen Zettel. Sie lesen.

 

"Diese Hand berühren,
es war nicht möglich;
Und die Umarmung:
einmal nur und zitternd.

Ich sehe auf zu den Bergen
und weine."

Stand da nicht noch mehr?
Der Zettel ist abgerissen. 

Sie suchen stundenlang erfolglos zwischen Blumen, Kindern, Plauschenden. 

Ich sehe auf zu den Bergen.

Klaus Wachowski 13.3.21

 

 

Freitag, 12. Februar 2021

Nanouk und Sedna

 Nanouk und Sedna,

Film 2018 arte, Milko Lazarov   

In Jakutien 

Er läuft hinter dem Schlitten her, als wäre er 30. Aber er ist alt und sinkt vor dem toten Schneehasen außer Atem in die Knie.

Ich verstehe nicht, was seine Gedanken sprechen, auch nicht, als er zu weinen beginnt. Aber in mir fühle ich einen Schmerz, der vielleicht seinem ähnlich ist. Mitleid, das Nietzsche so lächerlich lächerlich zu machen versuchte.

Ein Mann, dem plötzlich wieder aufgeht, daß er nicht mehr lange hat. Hinter ihm der Fels, von dem seine Frau bat, er solle sie das nächste Mal mitnehmen. Die drei Blöcke würden sie so schön an Familie erinnern.

Die Liebe wird stürzen. Mann, Frau, Hund. Eine/r davon wird sterben und die anderen mit sich reißen.

Ich glaube nicht an eine gewaltige Unterschiedlichkeit des menschlichen Fühlens. Wird es mir, Dir anders ergehen? Armer Nanouk, arme Sedna!

Sie stirbt zuerst. Ihr Weh ist wohl größer als der Schmerz aus der Entzündung in ihrem Körper: sie konnte ihre Tochter nicht mehr sehen! Und Nanouk ist noch draußen.

Ihren Schmerz. Wenn wir eine Liebe haben oder hatten, werden wir ihn erleben, kennen wir ihn.

Als er zurück in die Jurte kommt, ist es zu stark. Aber er umhüllt ihren Körper und begräbt ihn.

Sein Schmerz. Wenn wir eine Liebe haben oder hatten, werden wir ihn erleben, kennen wir ihn.

Er überbringt der Tochter die Nachricht und das letzte Geschenk der Mutter. Sie schauen in den Himmel und weinen.


Aus dem Raum der Erinnerungen an das Leben denkend: Laß uns in den Frühling sehen und der Liebe danken.

 

12.2.21 Klaus Wachowski

Donnerstag, 28. Januar 2021

Sehnsucht

 

Sehnsucht

 

Laß uns die Sehnsuchten verlassen!

Hier ist Wirklichkeit:

Beton, Blumen, Liebe.

Wir durften es lernen!

 

Laß uns den Regen fühlen,

die Kälte aus dem Wind,

einfrierenden Schmerz.

Ein Stück zusammen gehn,

 

Dann wieder die Höhle Corona,

in den Fenstern die Angst.

In die bunten Nebel der Sehnsuchten

Erinnerung an Wirklichkeit:

Beton, Blumen, Schmerz

Liebe.

Donnerstag, 21. Januar 2021

Ich schaue auf zu den Bergen

Ich schaue auf zu den Bergen,
Was sähe ich sonst?
Den Horizont?
Wären dort Liebe, Hoffnung, Vertrauen?

Ein Blumengesteck, ein Mikrofon, zwei große starke Kerzen. Dahinter ein Mensch auf der Suche nach der Antwort. Dahinter ein Kreuz.

Das milde Licht in der Dunkelheit ermöglicht Selbstsein, Nachdenken. Ich höre die Fragen, Vorhaben, die Sehnsucht.

Eine gute Andacht. Ein Abendmahl wäre nicht schlecht.

Ich sehe auf zu den Bergen.

Samstag, 16. Januar 2021

Schwarm der Tauben

Schwarm der Tauben,

am ZKM ihre kreisenden Schatten.

Nein! Nichts mehr von Corona!

Ersehnend die Tage des Frühlings.

 

Ich hebe die Arme auf in den Himmel.

Noch kalt scheint er,

doch blau aus der Tiefe.

Ich warte.

 

Erwartend den Frühling,

die kreisenden Schatten von Schwalben

Sich spiegelnd im Glas des ZKM.

Sonntag, 3. Januar 2021

Schnee

     

       Leonard an Virginia

 

Schnee

 

Ich sehe Dich,

im Schnee verwischend.

Das Schluchzen der Männer;

das schwarze Loch,

in dem der Schmerz steigt.

 

Kalt ist es,

stumm sind die Vögel

und still.

Ich sehe hinauf zu den Bergen.


St. Ives.

Das Eis wird brechen,

ich warte.

 

       3.1.21 Klaus Wachowski

Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...