Montag, 26. März 2018

Am Rollator


Am Rollator

Die Lust verlieren,
die Erinnerung.
Dasitzen und schaun.

Die Sonne schön.
Der Regen.

Was Heimat?
Was Kindheit?
Ja, ja, schon schön.

Dasitzen und schaun.

Klaus Wachowski 26.3.18

Die Frau weiß noch, wo sie her ist. Sie ruft sogar manchmal noch dort an. Aber ihre Augen leuchten nicht auf.

Ihre Augen leuchten auf, wenn Du sie grüßt. "Lange nicht gesehn! Geht's gut?" Jetzt kommt der Frühling.

Das Singen der Vögel? Das ist eher etwas für Dich. Jetzt ist Zeit, dazusitzen und zu schaun.

Manchmal singt sie leise aus einem schönen Gefühl. Meistens sitzt sie und schaut. Sie trinkt Jetzt aus dem unerschöpflichen Fluss der Zeit.

Als die Zeit für das Mittagessen Würzlos gekommen ist, steht sie auf und geht hinein.

Danach kommt sie wieder heraus. Die Freiheit genießen. Dasitzen und schaun.
*
Dr. Smirc kommt vorbei. "Wie traurig! Sie hat nichts erreicht und so viele Hoffnungen verloren!"
Dr. Warnix, Psychagog und examinierter Seniorenpastor von Augsburger Bekenntnis, schnaubt:" Also na! Du siehst doch, wie glücklich sie ist! Was sie verloren hat: Illusionen. Jetzt sitzt sie mitten im Sinn des Lebens und trinkt  köstliches Jetzt aus den Quellen der Ewigkeit."
Smirc: "Und Liebe, das Wunder? Weg, vergessen, im Nichts!"

Gott wirft ein paar Perlen Glück in den eintropfenden Regen. Sie bückt sich nicht: "Komm! Setzt Dich, schau!"


Montag, 12. März 2018

Zum Meer

Ein schöner Weg von den Waldwiesen herunter ins Tal. Rechts plätschert der Bach, unter den Bäumen Schatten. Links stehen kleine Häuser aus der Fibel mit spitzen Dächern, weißem Putz und grünen Vorgärten. Der Junge geht fröhlich vor sich hin. Das Plätschern des Baches in den Ohren, den Gesang der Vögel, das Herz will singen und springen, unter Sonne und blauem Himmel.

Er schaut über den Zaun in die schönen Anlagen. Bunte Blumen und frisch angelegte Gemüsebeete. Da springt ein riesiger Hund hoch. Er hat den Rachen aufgerissen als wollte er ihm ins Gesicht beißen. Erschrocken weicht der Junge zurück.

Da bellt es aus allen anderen Häusern wie, Dogge, Pitbull, Rottweiler und all die anderen Schätzchen guter Nachbarschaft.

Ein Mann mit Jägerhut, andere mit blauen Kappen rennen hinaus und blicken mit wilden wütenden Blicken über die Zäune.  Knurrende und keifende Alte, Rufe: "Weg da! Wir kaufen nix!"

Mit Mühe und Not erreicht er das freie Feld. Weiter plätschert der Bach, singen die Vögel, steigen jetzt die Lerchen nach oben in den blauen Himmel.

Hinter den Bäumen allerdings hört es sich an wie Hecheln der gerade frisch ausgesetzten Wolfsrudel. Es sind aber nur ein paar harmlose Hooligans auf Wehrübung für die Machtergreifung.

Blaulicht und gewaltiger Lärm. Drei Polizisten umringen ihn und verlangen seinen Pass. Das Visum ist gottseidank noch gültig. Das halbe Dorf hat sich versammelt schaut ihn mit bösen Blicken an. Man schimpft untereinander. Er versteht nicht was sie sagen. Aber er begreift es.

Auch die würden ein Kreuz errichten und rufen: "Gebt uns Barnabas!" In der Kneipe hetzt ein alter Nazi frisch aus dem Knast. So nah am Tod noch Feind des Menschen!

Hatten nicht auch diese Leute allesamt schöne Zeiten in der Kindheit oder wenigstens schöne Träume? Sie sind vom Menschen abgekommen zum Menschenhaß. Liebe ist nur noch ein Vorwand für Neid und Eifersucht.

Ein letzter Blick auf die Narzissen und Krokusse, ein letztes Mal hinaufhören in die Gesänge der Vögel, dann dreht Jesus sich um und geht zurück zum Ölberg.

Judas hat ihn verraten? Und die da?! So muss er denn weggehen ans Kreuz. Manche würden gerne mit einem Scheiterhaufen nachhelfen. Nicht nötig Freund! Schon geschehen.
*

Die Alten sind in Gräbern versunken. Wenige erfahren nun Nächstenliebe in Pflegestationen. Die Häuser sind baufällig, nur zwei oder drei noch von mürrischen Einzelgängern bewohnt, die einst aus den Waldwiesen zum Meer aufbrachen und ihre Sehnsucht nun verächtlich betrachten.

Der Bach fließt durch niedergetretenes Gestrüpp und die Wölfe bereiten weitab die Eroberung der Verwaltung vor.

Ein Junge öffnet das quietschende Gartentor. Es riecht nach Frühling. Vögel in den Zweigen. Die Sonne beleuchtet freundlich die Herzen. Wie es wohl dort hinter dem grünen Horizont ist?

Ostern, eine in der Trauer schlummernde Hoffnung. 

Gott macht sich keine Illusionen. Er kennt den Menschen und - glaubt an ihn.

12.3.18

 

Freitag, 2. März 2018

Alter Zausel im Autogroom

Zausel im Autogroom Giga

"Ja, jetzt mit so um die 70 heißts wohl: löse Dich von Deinen liebsten Kindern. Mein Colt ist auch schon über 13 und fängt auf der Autobahn das Hoppeln an.

Was meinen Sie: Lohnt eine Reparatur noch? "

Der man aus der Werkstatt denkt an seine kleine Tochter. " Warum geht er nicht zum Friseur?"

" Wir können ja mal ne Probefahrt machen! Sieht noch einigermaßen aus, das Gefährt."

Er wird es wohl aufgeben. Düstere Bilder sinken ins Foyer. Bilder von engem, dunklem Zimmer. Ja, er wird sich etwas mehr um die kleinen Sachen kümmern. Einen gummierten Milch-Aufrührer hat er schon gekauft. Warum das alte zerfallende Ding immer wieder reparieren? Warum ihn - reparieren? Er wünscht sich und ihr noch einige Jahre. Das mit dem spontanen Wegfahren ist vorbei.

Schon scharf, die Einsamkeit des Alterns. Vernunft und Wissenschaft helfen da kein bisschen weiter. Er weiß. Er könnte mehr wissen. Aber das Gefühl einer sich entfernenden Welt wird nicht - wie in früheren Wechseln - durch eine andere, sich nähernde, aufregende Welt verdrängt.

Und jetzt eben verliert er alles Interesse an allem...

Die beiden rechten Wände seiner Erinnerung sind plötzlich weiß. Kein Bild, kein textiler Vorhang für die Sehnsucht nach Berührung, kein Fragen flüsternder Gegenstand aus Wanderwegen, kein Muster von Sonne, Schatten und Einhorn sonderbar. Und die Stimmen der guten Zeiten sind verstummt.

Er findet sich wieder auf der Autobahn zwischen einem Weinen von gestern und einem irgendwas aus den farbigen Nebeln vor dem Horizont. Wo geht es nach Hause? Und was ist dort?

Der Nachbar starb 8 Tage nach seiner Frau. Und was in den Wellen des Mittelmeers geschieht, mag er sich gar nicht erst vorstellen. Psalm 121 fällt ihm ein. Zu den Bergen hebe ich meine Augen. Von wo kommt mir Hilfe? Ach Gott, vergiß nicht!

Der junge Mann neben ihm könnte sein Sohn sein. Sie reden miteinander darüber, wie man das Problem wohl lösen könnte. Ja es gibt Achtung und Fairness.

Der Junge denkt an seine Frau.

Sie verabschieden sich mit dem Händedruck der Freundschaft unter Menschen.

Auf dem Weg nach Hause fragt er sich, ob das der Weg nach Hause sei. Er weiß es nicht aber er hofft, daß da noch sein Du ist. Oder ist es eher die Fahrt in eine glückliche Erinnerung?

Zu den Bergen erhebt er seine Augen.

Sie umarmen einander wie jedes Mal. Wie zu Anfang wissen sie schon länger wieder wie wichtig es ist. Das ist der Weg. Und sie nehmen einander an der Hand, spüren das stumme Leuchten von Innen.

Klaus Wachowski 2.3.2018

Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...