Sonntag, 4. März 2012

Idyll Start

Durch ein lautes Vogelsingen gehe ich zurück in die Erinnerung von Frühling. Auf dem Platz vor dem Supermarkt leuchtet ein gelber Fleck in das Grau des Pflasters und das dunklere Grau des Hochnebels. Es hat sich aufgewärmt. Ein Besoffener hat den Tabak aus der Selbstgedrehten verloren. 
In meiner Vorstellung beginnt der Hochnebel von indirektem Sonnenlicht golden zu leuchten. Der knarrende Schrei einer Elster fährt in das aufgeregte Rufen der Meisen und Amseln. Er lenkt die Aufmerksamkeit erst recht in das Klingen und Vibrieren der Luft. Die Aufgeregtheit des Lebens füllt meine ausgelaugte Seele mit einer noch schwachen Freude.
Drei Chassidim singen und tanzen an der großen Uhr, die der Ewigkeit ihren Zeiger wie eine Zunge hinausstreckt . In den Gärten strecken Krokusse ihre orange-gelben Blüten aus dem feuchten Boden. Das Gras ist noch faulig vom zerbrechenden Frost und Hundekot heftet sich an die Schuhsohlen von in den Sonntag versunkenen Träumern.

Ich bin erschöpft von guten Gesprächen am Abend. Ich weiß nicht, was ich mit dieser Frühlingsreklame soll. Das Alter behauptet sich mit trüben Vorbehalten gegen einen glücklichen Augenblick Erinnerung. Oder ist diese Erinnerung nicht eher eine sich umwendende Hoffnung, der es zuviel ist, sich künftigen Enttäuschungen entgegenzustemmen?

Es war oder könnte sein eine plötzliche Öffnung im Dunst. Ein Lichtstrahl in eine Laubhütte aus Vogelstimmen, Klappern von Gartengeräten und Kinderlärm hinter den Häusern. Und mitten drin das Staunen eines Jungen oder Mädchens über die Möglichkeit eines neuen Tags.
Rußland wählt einen Machtprotz zum Regierungschef. Der Zeiger der Uhr steht auf Ich. Vor dem Fenster schlägt ein Zuhälter einen alten Zuhälter. Was wohl länger hält? Die Ewigkeit schickt einen Schauer Fragezeichen.
Das Alter in meinen Knochen ist noch stark. Aber ich sehe die Krokusse, ich höre die Stimmen von Vögeln und Menschen wieder. Dieser Fleck von Tabakkrümeln leuchtet tatsächlich, als habe sich ein Strahl Sonne in ihm gefangen. Das Wort Gott füllt sich mit so etwas wie Freude.


04.03.12    

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Die Zeit

Ich setze mich auf eine Bank und lasse die Zeit vergehen. Es dauert. ... ... Sie ist vergangen. Jetzt will ich gehen.