Sonntag, 8. Februar 2015

Echt primitiv das Leben


Das Holz grob gestrichen, dunkel nach Geschmack der Senioren in den 50ern. Das Bild an der Wand, primitiv nachgemalt nach Kaufhausvorlage. Die Gespräche, primitive Nachahmungen der Gespräche der Alten. Und Abkassieren. Super!
 
Das Geräusch des Baches ist wie eine Erzählung aus dem Märchenbuch Leben. Helles Wasser über schattigen Vertiefungen. Und über uns erstes Gezwitscher von Meisen.
Ja, aus den grauen Wolken fällt noch Schnee in winzigen Kugeln. Wie auch Streifen von Depressionen in unsere Erwartungen einschießen. Aber das Moos leuchtet schon ab und zu auf im Sonnenlicht. Und so unser Alltag unter neuer alter Hoffnung.
Am Nachbartisch zwei Alte. Sie erinnern in ihrer stillen Gemeinsamkeit an Herrn und Frau Platz aus der Nachbarschaft. Ein selten synchrones Familienleben. Kam er nach Haus, gab es ein einfaches Süppchen, zwei Kartoffeln mit Rippchen pp. Dann zog er seine Jacke an und verrichtete eine kleine Reparaturarbeit, um danach die Zeitung zu lesen, Radio zu hören. Man ging ins Bett. Für uns Kinder ein Anschauungsunterricht über das Thema "Leben ohne Aufregung".
Man belächelte sie. Später wurden sie zur Vorlage für das Bild vom Spießer. Es war aber das Bild vom Frieden. Todlangweilig für viele, so etwas wie Volksmusik aus der Nazizeit.
Sie lebten still, ohne Ansprüche an das Warenangebot, in Erwartung der Wiederholung von Morgen und Abend, Werktag und Sonntag, Winter und Sommer. In Erwartung des/der Anderen.
Wer von ihnen starb zuerst? Was geschah mit der/dem Verbliebenen? Eines Tages waren sie nicht mehr da.
Die Welt ist, wie nicht anders zu erwarten, weiter gegangen. In ihrem Haus wohnt nun wieder das Auf und Ab von Hoffnung uns Enttäuschung in großen Portionen. Es ist renoviert. Und in der nächsten Generation wird sich jemand finden, an seiner Stelle ein neues zu errichten.
Das sogenannte Murmeln des Baches begleitet uns auf dem Rückweg ins Tal.
Laß den letzten Schnee herunter kommen! Ein paar Wochen und wir werden nicht mehr wissen, wie es war. Unter Blüten werden wir das Wunder Frühling bestaunen.
In Ludwigshafen grölen die Hooligans. Die Orks schlagen dem alten Platz die Aktentasche aus der Hand. Die Gegendemonstranten achten auf Wichtigeres. Das Idyll scheint jedermann etwas peinlich-lächerliches zu sein.
Sind das Fäden von Blut? Ein Chor intoniert das Lied vom Wandern. Von ganz anderem spricht der Bach.
Seltsame Lichter von Ewigkeit in einem Alltag.
8.2.15

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