Die Baumkrone wackelt leicht. Zwischen den Ästen und Zweigen ist etwas schattenhaft eine Gestalt auszumachen.
I: "Hallo, schön Dich zu sehn!"
D: "Hmm. Ach ja, ganz gut. Und Dir?"
I: "Immer so weiter. Kann die Erinnerungen nicht mehr so recht auseinander halten. Aber so ein Frühlingsleuchten macht warm da drinnen. Man interessiert sich wieder für Menschen, wenn die Natur aufblüht."
Pause
I: "Du rauchst?"
D: "Ich vermische mein Leben mit dem Leben."
Es scheint tatsächlich, als löste sich ein Schatten in feinere Schattierungen der sich färbenden Natur ein.
I: "Ich bin überrascht. Ich dachte, Du wolltest lieber ein Tier sein."
D: "Ein Vogel? Dem fehlt es an Boden. Ein Hund? Ist dem Boden zu nah. Hier kann ich mich zwar nur hin und her und nicht fort bewegen. Aber ich bin weit genug von Euch entfernt, kann Ich bleiben, verwurzelt über alle Wurzeln mit Allem."
I: "Wir rauchen inzwischen auch immer mal ein Zigarillo."
D: "Ja. Einziehen und Ausatmen. Das Bittere, das dem Leben Geschmack gibt und der Vernunft Lust auf Selbstdenken macht."
Eine leichte Brise kommt auf.
I: "Du hast ja jetzt Erfahrung. Was bedeutet Dir das Leben?"
D: "Nichts anderes! Es ist doch viel schöner im Leben zu leben als im staubigen Archiv der Erinnerungen. Hier ist Wechsel der Wolken. Dort sintert alles zu farbigem Stein. Könnten wir uns begegnen? Du als Teetrinker weißt, dass auch das grünste Blatt nach viermal brühen schal schmeckt."
Ja wirklich: So ein afrikanisches oder japanisches Geisterspinnen gefällt mir besser als ein Selbstbetrug von romantischem Gesamtkunstwerk aus dem verblassenden Fotopapier des Weißt-Du-noch. Mit Dir bin ich zwar uneinig bezüglich Gott aber einig gegen Esokuspokus.
I: "War schön, Dich mal wieder zu sehn. Mach's gut!"
D: "Hmm. Schick' A und B doch 'ne SMS, wo sie mich im Augenblick treffen können!"
Das Quietschen der Schaukeln, das Lachen und Brüllen der Kinder, das Rufen der Frauen wird lauter. Hunde kläffen Joggern hinterher. Ein in sich geschlossenes Pärchen schüttelt synchron den Kopf. Smartphones senden Signale kryptischer Sehnsucht in weit entfernte schwarze Löcher, über deren Sinn sich dort in tausenden von Jahren rosa Aliens den Kopf zerbrechen werden. Der Ischias zwickt. Ich muss Dir zugestehen: Es ist eine Lust zu leben.
Alzey, 26.2.2016
Freitag, 26. Februar 2016
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