Karfreitag
Ein schwarzer Bleistift. Welche
der vielen Möglichkeiten aus Deiner Mine werde ich verwirklichen können?
Lila Tulpe und gelber Löwenzahn.
Dieser Jesus soll gestorben sein. Glaubst Du das?
Die Menschenliebe und die
Republik: sie gibt es doch schon immer und weiter und weiter. Die Liebe hat wie
der Raum keine Grenze, und gekrümmt ist sie auch nicht. Und die Republik? Du
spürst es in Dir.
Vielleicht ist auch das Böse ewig.
Du erkennst es an seiner Sehnsucht nach Verehrung, nach dem Mehr als andere.
Vom Götzen, den es Gott nennt, will es die Erlaubnis zum Menschenhaß.
Die schwarzen Wolken geben Regen
und Kraft. Die Bäume treiben die Blätter aus dem Zweigen, die Blumen öffnen die
Blüten. Und da reißt es die Wolken auseinander. Der Weg leuchtet auf. Unter der
lila Tulpe die goldenen Becher des Löwenzahns.
"Frag nicht so blöd!"
Die wütende Stimme einer jungen Frau. Ihre Beine zittern. Ein bleiches, dünnes
Mädchen steht neben ihr. - Hat sie all ihre Liebe aufgegeben? Aus dem
Smartphone nur ein von Einsamkeit besoffenes Schweigen.
Die Bahn fährt an. Die Stimmen von
Spatzen und Meisen im wärmer werdenden Licht. Erste Ginsterblüte aus dunklem
Grün. Schon hell das Grün aus den alten Zweigen.
Karfreitag: Ist doch egal, ob er
gestorben ist: Das, für das er leiden musste, lebt weiter: Liebe Deine
Nächsten.
Klaus Wachowski 7.4.2023