Donnerstag, 6. Oktober 2016

Fallendes Fühlen



Die Luft zwischen den Häusern.

Der Nobelpreis wird auch immer billiger. Für das Zählen von Löchern in der Materie. Und wenn es keine Löcher wären? Z.B. Luft zwischen den Häusern.

Ich habe das Nein nicht verstanden.
Weit entfernt ist der Anfang,

*
Was geschieht in mir, wenn ich in den Gottesdienst gehe?

Es wird schon dunkel. Aus dem Asphalt leuchten runde, weiße Flächen, das Innere der herab gefallenen Kastanienschalen. Rechts: mürrisches Einparken. Links joggt ein Streben nach Teilhabe am Leben vorbei. Sie lächelt milde über den Alten. Ich muß nichts mehr.

Ich sehe das braune Laub im Gras, und da sind viele kleine Formen von Unkräutern. Das graue Quadratpflaster der 70er oder 80er, mehrfach geflickt, zeichnet ein Gitter unter meine Gedanken. Ein dünnes Gras, dunkelrot die Lanzettblätter, weiß die feinen Grannen, rot die Körner darin. Ich habe es in meiner früheren Gegend nie gesehen. Ja, es gab wertvollere Dinge: die Pflicht, die Macht, das Balancieren auf Erwartungen. Ich schaue.

Mich beobachtend schütteln das Werten gewohnte Leute den Kopf. Es kann aber auch sein, daß sie mich nicht sehen.

Die Glocken beginnen zu läuten. Man öffnet mir die Tür. Ich muß mich nicht mehr irgendwo hinten hinsetzen, gehe in die erste Bank. Hinter dem Efeu vor den Glasbausteinen leuchtet noch ein Schimmer Welt. Hier ist Stille. Aus dem Dunkeln leuchten runde, weiße Flächen, das Innere der herab gebrannten Kerzen.

Sorry, die Stimmung habe ich schon mitgebracht. Aber die Stille läßt mich sein. Das hat Taizé ganz gut gemacht. Das Schweigen sinkt in mich ein. Ich erinnere mich an die Zeit, da das Kind erwartungsvoll und staunend über die Welt in die Stille hinaus hörte, es zu hören. Das Sein, die Welt, das Leben, die Zeit, das Pochen der Ewigkeit, Gott, das Gute ppp. Irgendetwas davon, nur keinen esoterischen Hokuspokus von verborgener Herrschaft usw. Von Herrschaft hatte ich genug, das Jetzt hatte die Stimme des Wunders. Jetzt lebe ich und höre nach dem Wunder im Leben. Auch ist Verlust.

Sind wir 5, sind wir 10? Der Gesang ist dünn. Eine Frau betet, bringt einige Gedanken zu Herbst, Tod, ewigem Leben, wir singen und beten dünn, von Gedanken erfüllt. Ich glaube, daß da etwas wertvoll am Leben ist. Da ist kein Muß mehr.

Dann gehen wir wieder ins Schweigen. Der Segen. Wir gehen.
*
Ein rötlicher Glanz Erinnerung liegt noch auf den Blattresten meiner Macht. Aber die helle Stimme aus der Kita weckt zu freundlichem Fühlen. Da singen und spielen schon die Nachfolger, die meine Enkel von den Stühlen stoßen werden.

Der Juror des Verlags X schiebt Y den Literaturpreis zu: "Nächstes Jahr wieder wir!" Ein Rabe hackt in einen Käfer.

Ein Schriftsteller legt sein Manuskript in den Papierkorb. Gott sagt: "Das ist unnötig!" Wir verabreden uns zu einem Spaziergang. Da ist noch eine Menge Liebe.

Klaus Wachowski Oktober 16

Keine Kommentare:

Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...