Dienstag, 19. Januar 2016

Gott oder Zündkerze?

Das Boot entkommt den wütenden Flußpferden als im letzten Moment der Motor anspringt. Einer, der mit ihm dem Tod entronnen ist, erklärt sich gegenüber Mankell, für einen Moment habe er an Gott geglaubt. Mankell erklärt sich gegenüber dem Leser, es könnte ja auch eine Zündkerze gewesen sein.

Hätte die Zündkerze weiter versagt, so hätte es Mancher als Beweis der Nichtexistenz eines Gottes gewertet. Mit den Gegenbeweisen einer Gottesexistenz ist es wie mit den Beweisen. Ein nicht sichtbar Vorhandenes kannst Du vermuten oder für Unfug halten,aber weder seine Existenz, noch seine Absenz beweisen.

Wenn die Welt nicht Anfang noch Ende hat, wie der Philosoph Schopenhauer schlüssig darstellt, der sich über Jacobi erzürnt auslässt: "Der braucht einen Gott", wenn also die Frage nach dem Woher der Welt leiser wird, stellt sich die Frage nach dem Was umso dringlicher.

Ist also diese Zündkerze, die uns als das erscheint, was das Leben in Existenz und in Gang hält, eine Unbekannte, eine Macht ohne einen anderen Bezug zu uns als den von Ursache und Wirkung? Oder ist das, was die Zündkerze treibt im Ursprung eben nichts anderes, als das was auch in uns sichtbar wird? Da sind Mankell, Schopenhauer und der Mitfahrer vom Boot wohl noch einig.

Welt, Mensch, belebtes und unbelebtes Ding als, "tat twam asi" , Ich-noch-einmal in anderer Gestalt wie der erste deutsche Buddhist schloß, erklärt viele sonst unverständliche Gefühle wie Mitleid, Liebe, Freundschaft, Menschlichkeit.
Aber das Wunder Existenz: sein zu dürfen, die Welt des ersten Augenaufschlags, die Freiheit setzende Geburt, das Menschen-begegnen-dürfen und - müssen. Bei wem bedanke ich mich?!

Beim Zufall, beim Irgendwas? Oder fühle ich einfach dankbar eine dem Menschen grundsätzlich zugewandte Färbung
   -in der Erscheinung der Barmherzigkeit unter den Menschen bei aller Bosheit,
   -in der Entwicklung von solipsistischen zu solidarischen Lebewesen,
   -im Geschenk der Erfahrung, wobei sich manchem das Glänzen des Edelsteins Leben alsbald als Glühen von Kohlen erweist.

Nachdem Dein Leben glücklich noch einmal verlängert wurde, kannst Du da einfach Kopf schüttelnd weitergehen ohne dem Leben, der Welt, dem Wunder Existenz zu danken, weil es Dir peinlich ist, in ein Nichts hinaus zu danken? Das ist einsam aber selbstverständlich okay.

Mir wurde etwas genommen, was mich einst glücklich machte. Meine Tage sind seither oft und sehr na ja. Aber wäre Schmerz, wenn, was mir war, nicht so schön gewesen wäre? Und noch die stechende Erinnerung ist unendlich viel mehr als die Bewußtlosigkeit, aus der ich kam und in die ich gehe.

So sage ich ja zu Zündkerze, Gott und dem bewunderungswürdigen Buch Treibsand von Henning Mankell. Zum Leben und zum Menschen...
19.1.2016

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