Sonntag, 8. März 2015

Neues Leben


Die Stühle heraus stellen. Auch den Tisch. Die Amsel schimpft. Wir stören sie beim Essen. Auf der Staffelei steht der Entwurf eines Bildes, ein Ei in hellblauem Umriß. Es soll das Bild eines Ostereis geben. Hellblauer Himmel, hellgrünes Gras, gelbe Sonnenstrahlen und eine rote Blüte. Eine süßliche Erinnerung aus Kinderträumen.
Aufgeregtes Zwitschern von Spatzen und Meisen. Aus dem Pflaster der Terrasse streckt schon Gras aus dem Vogelfutter seine Halme. Es leuchtet.

Du siehst das nicht. Der Blick geht auf die Fensterbank unter den weißen Gardinen der Frau, die nun schon sehr alt ist und bald sterben wird. Was ist das für eine rote Blüte hinter dem Vorhang? Sie wird die ersten Frühlingstage nicht mehr erleben. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Auto der Nachbarn,  noch voll auf nützlich. Hieraber: "Nimm mal meinen Geldbeutel und bring Kaffeestückchen mit!"

Lila blühendes Alpenveilchen. Irgendwie hatte sie einen Narren gefressen an dieser Sorte. "Versteh mich recht, wenn ich Dir sage, ich will es nicht mehr. Kein Frühling, keine Vogelstimmen, keine Sonnenstrahlen." Und als Keiner mehr da war, die süßlichen Erinnerungen der Kindheit zu verstehen und zu teilen, nur noch der Tag und der Tag und die Nacht mit immer neuer Glücksreklame winkten, war es Zeit zu sterben, einer von Niemandem mehr geteilten Sehnsucht zu folgen.

Die Gardinen sind wie ein Schleier, der das Ich vor dem Leben abschirmt. Schön, aber auch traurig, die Stühle nicht mehr auf die Terrasse stellen zu wollen. Wie gut der Kuchen schmeckt!

Das Eis schmilzt und die Vögel singen. Es ergießen sich die salzigen Wasser des Ursprungs. Warst Du eine gute Begleitung?

8.3.2015

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