Sonntag, 2. Juni 2013

Die schöne Rhön



"Die schöne Rhön, Steinwand, Teufelskanzel (ergänzt: S.34 Rhönführer)
-Nr 1980 Aufnahme und Verlag Kunstmaler Hermann Eckert, Eisenach
-
 "Liebling,

nun gehe ich wieder an die Quelle, ich nehme d. Strasse, weil andere Pfade zu versumpft sind. Ab und zu leuchtete ein heller Sonnenstrahl über die Zirkone u. Aquamarine u. Topase, dass es eine Freude war, alle aufblitzen zu sehen. Nun ist die Sonne längst durch schwere Wolkenvorhänge verdeckt. Wenigstens regnet es nicht mehr so sehr. Heute abend ist Steinverkauf, ich denke schon, dass sich d. Mühe des Packens gelohnt hat. Interessenten habe ich schon. - Ich freue mich ausserordentlich auf d. nächste Buch v. Schwester Agathe. Sieh, immer habe ich irgend ein reiches inneres Erlebnis! Wie wunderbar ist das doch! Mein Sein ist stets von Freude begleitet, und ich meine so oft, dass ich manchmal dieses Übermaß von Glück gar nicht verdient hätte!! Peterlein, nun nimm viele liebe Küsse von Deinem Babbi, der bald wieder bei Dir sein wird!!""

 High, Wnutschka, eta twoj deduschk!-
 Ein Gruß, von Liebe schimmernd.

Wo liegt diese Quelle des inneren Echos? Wo Zirkone, Aquamarine und Topase leuchten? In der Rhön Seite 34, in einem schattigen Winkel der Kindheit?

Als Inspektor Flop den ersten Buchstaben des _abba als ein B erkennt, ist die aus den Küssen fließende Vermutung Homosexualität obsolet und aus einem aus dem Geheimen sprechenden Freund wird ein für diese Zeit seltsam lieber Vater. Eine Ausnahme von Hinwendung.

Was weiter? "Dass" mit zwei s, "der" und "und" und "von" abgekürzt bei korrekter Grammatik lässt den Beamten auf einen gebildeten Geschäftsmann schließen, der das Telegraphieren gewöhnt ist.

Als die Karte gedruckt wurde, gehörte Eisenach noch, nicht wieder, zu Deutschland. Die Schrift ist nicht in Sütterlin, sondern in Latein gehalten, was ja nach 33 bevorzugt wurde. Es war aber auch wohl vor 39, wo die Väter in Arbeitsdienst, Militär- oder KZ-Baracken verschwanden und ein Handel mit Steinen nur noch den Müttern und Großvätern möglich war. Oder weit nach 45, wenn man davon ausgeht, dass da Fotokarten aus Eisenach auch noch im Westen aufgebraucht wurden. 

Welche Bücher schrieb wann Schwester Agathe? Das könnte einen Hinweis geben.

Jedenfalls versucht hier ein auf Straßen gehen müssender Vater Reflexe aus Halbedelsteinen aus den inneren Erlebnissen seiner Einsamkeit an eine ihm versperrte Liebe zu schicken.

Er blättert im Rhönführer, während hinter dem Wolkenvorhang eine Interessentin den Topas in der Nazibrosche befühlt.
 2.6.13

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