Aus dem schwarzen
Abend fällt Schnee in meinen Garten. Ich räume die Wege und den Gehweg an der
Straße. Ich bin stolz darauf, dass man über den Gehweg vor meinem Grundstück
bequem und ohne Gefahr gehen kann.
Es taut und dann
fällt erneut Schnee.
Meine Arbeit wird
vom Schnee des Desinteresses ebenso zugedeckt wie die schlechte des
Reimeschmieds. Sie ist für immer weg.
So vergehen wir.
Noch liegen unsere Spuren offen vor den Augen der Passanten. Glaube nicht
daran, dass einer stehen bleibt! Es taut. Und nach einer Generation sich
Erinnernder fällt neuer Schnee.
Noch ist eine
Spur von Richard in den Erinnerungen von Angehörigen und Freunden sichtbar. Die
Gemeinschaft erkennt noch Reste von Spuren der Elefanten und der in das Interesse getriebenen Rinderherden. Schon
wird es wärmer. Und morgen wirst niemand mehr etwas von Deinen ge- und
mißglückten Taten und Gedanken in und unter der Schneedecke erkennen können,
auch in dem unwahrscheinlichen Fall, dass er sich für Dahingegangenes
interessierte.
Insofern ist der
Trost der Angehörigen, der Tote lebe schließlich in der Erinnerung fort, eine
milde Täuschung. Es bleibt, selbst von den gewaltig in die Beachtung gepreßten,
nichts. Denn die Beachtung wird bei eintretendem Tauwetter wieder eins mit der
sichtbar werdenden Topographie des Gleichgültigen.
Wir wissen es und
drücken unsere Fußstapfen tapfer in den Schnee.
Vielleicht sind
wir aber auch nicht die Spur, sondern tanzende Schneeflocke. Welchen Abdruck
hinterläßt Du in der Retina der Erinnerung dessen, der zufällig gerade jetzt am
Fenster steht und Dich beim Einsinken in den Lichtstrahl seines
Bewegungsmelders sieht?
Aber jetzt wollen
wir die zweite Schopenhauersche Bewegung machen: Wird der Beobachter und Alles
noch sein, wenn einst in unserer Erinnerung Nacht wird?
Was können Moral
und Ehrgeiz raten? Denke an die Giftblasen aus den Sümpfen des Unmenschlichen,
die weite Gegenden undenkbar machen, während das Wirken und Wollen der Opfer oft
nur als allgemeiner Schmerz bleibt und - versinkt. Die Liebe aber ist das
Größte in aller Vergänglichkeit, was mit und in uns verloren sein wird. Ein Kuß
geht aus von einer Sehnsucht. Eine flüchtige Berührung macht die Seele brennen.
Und die Welt verwandelt sich in Wert.
Jetzt! ist es
schön und schrecklich, leben, blitzen wir auf. Jetzt! können wir danken und
fluchen. Es schneit. Komm, wir müssen räumen.
09.12.12
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