Donnerstag, 31. Mai 2012

Pfingstmontag 2012


Dies an die Welt.
Sie hat nicht darauf gewartet?
Ja, wartet sie denn auf Dich?
Nimm die Liebesposition Nr. 9 ein und warte auf Erleuchtung. Es ist die Zeit der lila Blüte: black velvet am Rand von Legumerbsen-feldern.
Holunderduft aus der Kindergartenzeit. Ich war braver als die Literatur erlaubt. Die Mauer des Stadtgartens war rot. Aus dem schattigen Grün schaute ich im Himmelsblau die Weite der Welt.
Und so sitze ich noch heute: die Welt fällt durch meine Augen.
Ich trinke bitteren Kaffee und herben Wein. Wir sammeln Holunder und ich süße mit seinem Syrup den Tee aus Darjeeling. Es duftet von einer roten Mauer wie Frieden und Freundlichkeit.
Ein schwarzer Raubvogel zieht über grünen Hügeln Kreise. Eine Kolonie von Raben sitzt auf den Pfosten eines Weinbergs. Ein Kuckuck ruft nach einem Kuckuck.
Dann huscht ein Schatten über Land und Gesicht. Eine Wolke aus Weiß hat sich vor die Sonne geschoben. Es gibt auch Regen.
Gieße ihn in den Gesang der Amsel. Ihre Triller vibrieren in den Systemen der Regenwürmer. Und ich rieche den Duft von feuchter Erde.
Wir fahren in das Städtchen Kirchheim-Bolanden ein. Da brechen die Pfingstgottesdienste in allüberschallendes Glockenläuten aus. Es klingt mir wie der Name des Wunders Leben. Touristen und Einheimische finden die Unterbrechung ihres Wichtigkeitsplau-schens etwas übertrieben. Kalt und süß schmeckt das Eis aus der Kinderzeit.
Schön die Geste und die brachiale Stimme des Italieners vom Tisch 6.
Ein Liebespaar, heimlicher Ehebruch und Rausch des Glücks in zerfurchtem Gesicht und prallen Rollen des six-pack. Das Num-mernschild verrät den Ort Eurer Flucht in die Position Nr. 9.
Ich denke an das Buch von Grossman, das Du mir mitgebracht hast. Schauen macht einsam. Und fiele die ganze Welt in Deine Seele. Und redete ich in Menschen- und in Engelszungen, und hätte der Liebe nicht. Es wäre ein tönend Erz und eine klingende Schelle.
Du fragst mich etwas. Ich gebe etwas zurück aus dem Schatten auf meinem Gesicht. Gelbe, winzige Blüten färben das Gras am Weg-rand. Schau!
Und zurück fahren wir durch den Duft des Holunder.
Wir setzen uns erschöpft in das schattige Grün eines Apfelbaums und essen von den Früchten der Welt. Das Wort zwischen uns ist wie ein Umarmen.
Ich gieße vom Holundersyrup in meinen Darjeeling und denke es, dieses pathetische Wort.
29.05.12 Klaus Wachowski.

Keine Kommentare:

Tauben-Gurren in Klagenfurt

Das Drama des verehrten Kindes Freien Herzens kann ich heute sagen, daß ich Dichter bin und nicht unsäglicher Reimeschmied. Am leichtesten...