Den Thrill von
Clockwork Orange mit einer Sinnhaftigkeit vereinen. Manson und Osama waren, Breivik
ist so einer. Der eine schreibt "Satan" auf seine Fahnen, der andere
besorgt sich Flyer vom heiligen Morgen- oder Abendland. Morgen schon wechselt
er vom Nazikloster ins stalinistische Kader des Pol Pot. Das Predigen, nicht
der Mensch, ist, was den Narzißten bei Laune hält. Das sanfte Lächeln der
Bestie nach dem Schlachtfest, das das sanfte Lächeln in Erwartung des Blutmahls
ablöst. Gestern noch Spießer des Internet, heute auf unserer Showbühne.
Er hat die Liebe,
die Freundschaft und das Gespräch unter den Menschen gemordet. Wer könnte ihn
lieben ohne zu verdorren? Wer könnte so einem noch Freund sein, wer wollte mit
ihm ins Schweigen der Gemordeten tönen? Und wer wollte die Seele der
Unmenschlichkeit erforschen?
Was ist mit dem
Mann?
Der Typ ist auf Droge
Blut. Das kennen wir doch: die Liste der Monster in der Zeit ist lang. Auch er
hat sein Leben verwirkt. Aber die Menschen sind nicht so, wie er es gern hätte
und beschränken sich auf Wegschließen für immer. Er hat gemordet. In den Zoo
die Bestie! Ist da irgendwo ein Mensch in ihr, wird er dort zu sich und zur
Reue finden.
Sich mit Tätern
zu befassen ist leider viel leichter, als sich den Menschen zuzuwenden, die unter
ihrem Wahn zu leiden haben. Liebe ist so viel schwerer als Hass oder die
Präsentation ostentativen Mitleids für den -Täter. Ja es gibt tatsächlich
Leute, die im Verständnis für den armen Mörder keine Zeit für die Opfer haben.
Und noch
schwieriger ist es: Ich versuche über die ideologische Monotonie des Angeklagten
weg das ängstliche Flüstern eines seiner Opfer an jenem Tag zu hören und schon
rutscht die Aufmerksamkeit weg zu einer Wut auf die Medien, denen die Sensation
wichtiger ist als der Schmerz. Auch ich höre nicht jenem Mädchen zu, dem die
Aufmerksamkeit gebührt.
Gegen den
Größenwahn der ideologisierten Hasskappen hilft für gewöhnlich der Blick auf
die Menschen, die unter ihrem Terror zu leiden haben. Denn die Liebe, die noch
dem fernen Mitmenschen gegenüber zumindest als Schrecken des Mitgefühls fühlbar
ist, hat ihren Ursprung nicht in der Zeit, in der das Minderwertigkeitsgefühl manchmal
tatsächlich den Thrill des Terrors ausleben kann. Ihr Quell ist die Ewigkeit,
vor der das Aufblasen narzißtischer Gehirnfürze zu Weltanschauungen nicht mehr
empörend, nur noch lächerlich ist. Umso größer aber ist der Schmerz um die von unserer
Seite gerissenen Brüder und Schwestern dieses so kurz aufblitzenden Wunders
Leben.
Jetzt höre ich
ihr Flüstern wieder, jetzt sehe ich voll Bewunderung einen Menschenbruder sein
Boot zur Rettung klarmachen und vor die Mündung des Gewehrfeuers steuern. Der
Mörder wird der Reue vielleicht bis zum Ende seines Lebens ausweichen, von der
einen Ideologie zur nächsten springen, erleuchtet werden oder doch nur wie
Manson durch alle Zeit das Recht auf den Thrill behaupten und weiter
weggesperrt bleiben. Wo er nicht bereut, was soll noch an ihm interessieren? Die
Opfer haben jetzt die Entscheidung. Und wo sie tot sind, gibt es keine
menschliche Instanz der Verzeihung mehr.
Wir aber können
nichts weiter tun, als für eine angemessenene und überwachte Isolierung sorgen
und uns wieder den Menschen zuzuwenden, die Aufmerksamkeit verdient haben, das
Vermögen, das er aus der Welt schießen wollte. Wo es einen Gott gibt, leidet er
mit ihnen und den Eltern, die einen Sohn an den Wahn verloren haben.
Die Stimmen der
Frühlingsvögel rufen nach Dir. Du sollst das Wunder Leben bewundern! Es ist
ihnen sicher noch nicht zugänglich. Sorgen wir dafür, dass ihnen nicht auch
noch Gleichgültigkeit von uns Nachbarn den Rückweg ins Leben zustellt.
18.4.2012 KLaus
Wachowski
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